Maritimes aus Innsbruck (VII)
Der Pradler Baumeister Alois Wörle (1864-1945) war hier schon einmal Thema. Einer seiner Neffen diente während des Ersten Weltkrieges als k. u. k. Steuermatrose I. Klasse in der österreichisch-ungarischen Marine. Am 24. Feber 1918, einem Sonntag, schrieb dieser Neffe an Alois‘ Tochter Auguste (1895-1980) den folgenden Brief:
Liebe Gusti!
Komme erst heute dazu, Dir einige Zeilen zukommen zu lassen. Befinde mich nämlich im Marinespital Abtlg. I. Zim. 18 in Behandlung wegen „Neurasthenie“. Sonst ist mein Befinden gut. Wie geht es Euch? Hoffe gut. Muß Dir noch mein Unglück auf meiner Rückreise mitteilen, mir ist in Divaca der Rucksack mit samt Inhalt […] gestohlen worden. Kannst Dir vorstellen wie meine Verfassung war, als ich in Pola ankam, ein zweitesmal möchte ich das nicht mehr durchmachen, mich ärgert nur das am meisten, daß ich in jeder Station, wenn nur 1-2 Stunden Aufenthalt war, so gab ich mein Gebäck [sic] in eine Gardarobe und in der letzten Station wurde es mir gestohlen. „Gemeiner Schuft“, mehr habe ich für so ein Individuum [nicht] zu sagen. Also nochmals verzeih mein langes Stillschweigen. Es grüßt Dich so wie Deine lb. Eltern u. Geschw.
Dein Cousin Ru… [?]
Leider konnte ich den Vornamen von Alois‘ Neffe nicht entziffern (vielleicht gelingt es ja Ihnen?).
Auguste sollte in der Zwischenkriegszeit den Arzt Dr. Wilhelm Schwagera heiraten. Schwagera stammte aus Split und promovierte im Herbst 1925 an der Universität Innsbruck. Aber das ist eine andere Geschichte …
(Slg. Kurt Klieber, Privatbesitz)
….und „Tante Gusti“, wie Frau Auguste Schwagera geb. Wörle allgemein genannt wurde, war – ein Original! Zu Vorträgen und Veranstaltungen im Pradler Jugendheim ist sie immer zu spät erschienen – sie murmelte entschuldigend „Das Taxi“ – und ging erst einmal mit einem offenen Zuckerlesackl durch die Zuhörerinnenreihen. Auch wenn der Vortrag – oder was
auch immer! – längst begonnen hatte! Immer die gute Laune und Heiterkeit in Person!
Augusta Schwagera geb. Wörle, 11.9.1895 – 31.1.1980.
Und sie hat – wie schon einmal erwähnt – von der Grundsteinlegung der „neuen“ Pradler Pfarrkirche berichtet (bei der sie als Mädchen zugesehen hat):
„Den Grundstein habens damals neben einem Waal (Bewässerungsgraben) in die Erdn g’steckt“
Das ist die köstlichste Geschichte, die ich seit laaanger Zeit gelesen habe. Habe soeben Tränen gelacht, weil ich mir das so gut vorstellen kann, auch wenn ich die Dame (leider) nicht gekannt habe.
Meine Oma väterlicherseits (also die „Fink-Oma“) wohnte in der Defreggerstraße 25, Parterre linx. Und dieses kleine Foyer vor ihrer Wohnungstür war schon damals, als ich noch ein Bub war, voll mit Botschaften, teilweise mit Bleistift geschrieben, teilweise eingeritzt wie bei den alten Römern (damals hats das ja auch schon gegeben, wie ich z.B. in Pompeji mühelos feststellen konnte). Eine dieser „Botschaften“ war die Frage „Wörles Erben ?“ (die ich jedes Mal las, wenn ich sie besuchte, was häufig der Fall war) und ich habe damals schon, weiters mein Leben lang gerätselt und rätsele heute noch, was diese Frage eigentlich sollte. Bis heute habe ich darauf keine Antwort gefunden…
Daher ist mir der Name Wörle bekannt. „Wörles Erben ?“ Hmmmmm…
Der Erbauer und Besitzer sowohl von Defreggerstraße Nr. 25 wie auch von Nr.23 war Baumeister Alois Wörle sen. Das Haupthaus war das nach Westen angrenzende Eckhaus Pradlerstraße 51.
Nach dem Tode von Alois Wörle sen. gingen die Häuser an „Wörles Erben“ über, zu denen auch Auguste Schwagera geb. Wörle gehörte.
Ja, sehr interessant, aber was hat wohl der Ritzer mit seiner Frage gemeint ? Grübel grübel und studier, ich werd wohl nie draufkommen, außer ich lern auf meine alten Tag noch den Ritzer kennen