Ländliche und lindaliche Idylle: Mit den Augen des unbekannten Fotografen XII
Wieder einmal begeben wir uns mit unserem Fotografen auf einen Wochenendspaziergang. Und wieder einmal macht uns eine Bauersfamilie die Freude, sich ablichten zu lassen. Offensichtlich herausgeputzt, in Festtagskleidern und -anzügen. Ob der Fotograf seine Spaziergänge so geplant hat, dass er Kirchgänger zufällig erwischen konnte? Oder hat er die Aufnahme im Vorhinein mit der Familie abgesprochen? Schön aufgereiht stehen sie auf jeden Fall alle da. Und war es vor knapp zwei Wochen im Egerdach eine Kuh, so darf hier ein stattliches Pferd mit vor die Linse.
Wer tanzt aus der Reihe? Linda. Ein paar Schritte weiter links im Hintergrund hält sie respektvolle Distanz zu Ross und Reiter, äh, Halter. Die Städterin, die sich in die ländliche Idylle einfügt, aber trotzdem irgendwie nicht so recht ins Gesamtbild passen will. Und je länger ich die Aufnahme betrachte, desto mehr frage ich mich: Wer steht denn hier eigentlich im Fokus? Rein geometrisch stehen die Bauersleute im Zentrum. Im goldenen Schnitt aber, da steht Linda. Und ist es letztendlich nicht auch sie, die unweigerlich unsere Blicke auf sich zieht?
Selbstverständlich stellt sie uns auch heute wieder ein neues Ensemble aus ihrer reichhaltigen Garderobe vor. Weißes Kleid und farblich abgestimmter breitkrempiger Hut – dieses Outfit eignet sich aber nur für lauschige Spaziergänge bei sonnigem, trockenem Wetter. Man stelle sich diesen Weg bei Regenwetter vor. Man (Frau) müsste konstant die Röcke raffen, sonst schleift der Saum konstant im Dreck. Einmal nicht aufgepasst und schon mit den Schuhen im Schlamm versunken. Oder noch schlimmer: Pferd und Wagen rumpeln durch eine Lacke an uns vorbei. Platsch, patsch! Was für eine Sauerei! Die arme Linda! Beziehungsweise die arme Bedienstete, die sich in der Folge um die Sauberkeit des Kleides zu bemühen hätte….
Aber zum Glück ist ja heutige ein sonniger Tag, wie die Schatten vor und hinter Linda beweisen. So wie Mensch und Tier präsentieren sich übrigens auch die beiden Häuser links wie rechts sehr gepflegt und schön herausgeputzt. Stellt sich eigentlich nur mehr die Frage: Wo befinden wir uns denn eigentlich?
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-Pl-729)
Lösung: Es handelt sich um einen Blick in die Philippine-Welser-Straße Richtung Westen. Rechts ist die Hausnummer 85, „Hofer-Bauer“, Familie Nagiller – laut Beschriftung der Fotoplatte das „Haus des Trappschen Pächters in Amras“. Links das sogenannte Trapp-Schlössl (Philippine-Welser-Straße 82).
Amras – Dorfeingang früher (Philippine Welser Straße)
Das Gebäude auf der linken Straßenseite beherbergte früher das Cafe Trapp (Parterre rechts) – legendär!
Wenn man früher zu Fuß (und das war der Normalfall) von Pradl nach Amras ging bzw. als ich im Schuljahr 1944 /45 in Amras zur Schule ging (auch zu Fuß von Alt-Pradl), waren das die ersten beiden Häuser des Dorfkerns!
Am Foto ist rechts der Hoferbauer, links das Trappschlössl
Wie immer ist das ganz richtig! Ist nun im Beitrag oben auch aufgelöst!