Ich bin ein Musikante (2)
Nach den Portraits aus dem Jahr 1946 springt das Album zeitlich fast eine Dekade zurück: „Auf dem Sportplatz (Cannes Pfingsten 1937)“ lautet die Beschriftung des heutigen Titelbilds. Eine einschlägige anno-Suche bringt zunächst Treffer aus der Osterzeit. Die Musikkapelle reiste im Frühjahr 1937 nämlich gleich zwei Mal nach Südfrankeich.
Über das österliche Engagement war am 5. März im Allgemeinen Tiroler Anzeiger zu lesen, dass es aufgrund der „Bemühungen des Baron Reicher und des Dir. Hradetzky des Landesreisebüros“ gelungen sei, „die beliebte Wiltener Musikkapelle, unter der Leitung des Kapellmeisters Tanzer, für eine Konzertreise“ zu gewinnen. In der Berichterstattung unmittelbar vor der Reise heißt es dann hingegen sie werde „über Einladung der Stadt Cannes im Verein mit der Deutschmeisterkapelle, der National-Sängergruppe Mayr-Blaas und dem Wiener Hofopernballett an den dortigen Frühlingsfesten teilnehmen“.
Ihre Abreise zelebrierten die Wiltener standesgemäß: Am Ostersonntag gab es zunächst ab 11 Uhr in der Früh ein Platzkonzert. „Abends 8 Uhr marschiert die Musikkapelle Wilten mit klingendem Spiel vom Probelokal (Leopoldschule) Leopoldstraße, Müllerstraße, Kehre, Triumphpforte, Maria-Theresien-Straße, Landhausstraße zum Bahnhof, von wo die Abfahrt nach Cannes (Frankreich) um 9.40 Uhr erfolgt.“ (ATA, 27.3.37, S. 6)
Nach 17-Stündiger Fahrt wurde die Kapelle in Cannes freundlich empfangen, zum Hotel „Georg V.“ geführt und kam dann in den Genuss „eines echt französischen Abendessens mit sieben Gängen“. Erster musikalischer Programmpunkt der Kapelle war eine „Heldenehrung vor dem Grab des Unbekannten Soldaten“. Durchaus interessant, angesichts dessen, dass sich die beiden Länder zehn Jahre zuvor noch in den Schützengräben gegenüber gestanden waren. Vom Andreas Hofer gar nicht zu reden. „In den Farben getrennt, in der Sache vereint“, könnte man analog zum Sprech der Fußballfanszenen dazu sagen. Dass es bereits drei Jahre später wieder zum gegenseitigen Blutvergießen kommen würde, ahnte damals wohl niemand.


Der ATA vom 6. April überschlug sich in der ausführlichen Berichterstattung zur Konzertreise in Lob und Wertschätzung.
„Um einigermaßen den Erfolg vor Augen zu führen, sei erwähnt, daß die Kapelle anschließend an ihren Aufenthalt in Cannes eine Konzertreise nach Rom wie eine nach Genf, Basel und Zürich antreten sollte, welche Anbote aber wegen Urlaubsschwierigkeiten abgelehnt werden mußten. Weitere Anbote nach Nizza und Paris wurden aber, da sie zu einem späteren Zeitpunkte stattfinden, angenommen.
Schließlich sei noch erwähnt die beispielgebende Vornehmheit der französischen Bevölkerung, die bei allen Anlässen der Wiltener Kapelle und damit Oesterreich, insbesondere aber den Tirolern, ihre großen Sympathien kund gab. Niemals kam den Musikern zum Bewußtsein, daß sie eine bezahlte Truppe waren, überall waren sie den vornehmsten Gästen gleichgestellt. Die eiserne Disziplin, insbesondere aber die glückliche musikalische Leitung durch Kapellmeister Josef Tanzer ermöglichte der Kapelle diesen
hervorragenden Erfolg.„
Die Pfingstreise folgt dann kommende Woche.
PS: Dank der Rückfrage meines Sohns kann ich Ihnen jetzt auch mitteilen, dass die schnellste Verbindung von Innsbruck nach Cannes heute 11 1/2 Stunden „kurz“ ist, Reisezeiten von 18, 19 Stunden sind aber keine Seltenheit.
(Ph-A-24354-5, Ph-A-24354-16 und Ph-A-24354-18)
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