I schaug auf die Uhr… Siedepunkt drei in da Fruah

Eine meiner Lieblingssammlungen im Stadtarchiv ist die der Speisekarten. In dieser Sammlung versuchen wir einen Bereich des alltäglichen Lebens abzudecken, der allgegenwärtig ist, von vielen aber oft gar nicht als Sammlungs-würdig erkannt bzw. unterschätzt wird. Warum sollte man vom nächstbesten Würstlstandl eine (womöglich noch fettig verschmierte) Speisekarten archivieren?
Andererseits, wenn wir dann Speisekarten vom Café Central aus den 1920-er Jahren herzeigen, dann leuchten die Augen der Archivgäste auch meistens.

Außerdem hat das Siedepunkt Würstlstandl bei der Innsbrucker Nachtbevölkerung quasi Kultstatus. Wer hat sich nicht schon einmal um 3 in der Früh geärgert, dass der Depp vor einem in der Schlange den letzte Fleischkas ergattert und man sich selbst mit einem Kaminwurzen mit Brot o.ä. zufrieden geben muss, obwohl man gerne noch etwas Heißes und Fettiges verdrückt hätte?

Die Speisekarte stammt aus dem Jahr 2016. Vergleich zur aktuellen Siedepunkt-Karte lt. Website: St. Johanner, Frankfurter und Currywurst sind mittlerweile um einen Euro teurer (4,90), die Burenwurst ist von der Karte verschwunden. Die größte Preissteigerung in absoluten Zahlen hat der vegetarische Bosna hingelegt: von 4,90 auf 6,20 Euro.

Der große „Schrecken“ wartete aber nach dem Lesen der aktuellen Karte: es gibt keinen Fleischkas mehr!? Und auch keinen Kaminwurzen! Jo, wia tua i denn iaz beim Ausgiahn?

Wer sich bezüglich Siedepunkt nicht nur kulinarisch, sondern auch auf Ebene der aktuellen lokalen Musikszene weiterbilden und den Siedepunkt-Leberkas noch einmal „direkt ins Bluat“ hochleben lassen möchte, dem sei außerdem JP tuat wild’s Leberkas Intravenös – YouTube (2023) empfohlen.

(@JP tuat wild falls du das jemals lesen solltest – wie kommt ein Innsbrucker eigentlich auf „Leberkas“ statt „Fleischkas“?)

(Stadtarchiv Innsbruck, 04.17.01-17)