Hier kommt das Schild hin
An diesem Wochenende wird eine Nichte des Artikelverantwortlichen 25 und zum Anlass des Erreichens ihres ersten Lebensviertels werden Onkel und Tante ein oder zwei Vierterl stemmen und uns lustige Anekdoten aus den ersten Lebensjahren der Gefeierten erzählen, die – vermutlich – noch nie jemand in der Familie erzählt hat. Es gibt nichts Netteres als Nichten. Man hat in der Regel wenig Arbeit und kann ihnen trotzdem aus der Nähe beim Aufwachsen zuschauen. An dieses Haus in der Leopoldstraße kommt dann irgendwann das Schild hin: Hier wurde im Juni 1997 die bekannte Nichte ihres unbekannten Onkels geboren.
Das Gebäude diente in dieser Zeit als sogenannte Pierer-Klinik, in der privat versicherte Mütter ihre Kinderlein gebaren und auch sonst einiges aus dem Graubereich der Frühphase der Zweiklassenmedizin geschah. Diese ab 1993 praktizierte Verwendung war schon die Zweitnutzung, nachdem das Möbelhauskonzept schnell aufgegeben und die erste „St. Lukas Tagesklinik“ genannte Schönheitsfarm hier ab 1989 gewerkt hatte. Im Erdgeschoß servierten seither eine Serie glückloser Konzeptgastronomen, was einen als kritisch-kulinarischen Stadtbewohner nervt, als frisch gebackenen Onkel aber freut, wenn man in der Nähe auf ein neues Lebewesen anstoßen kann (Anekdote: Der stolze Vater bestellte sich bei der Geburt der ersten Tochter gleich zwei kleine Bier, weil man im Café kein großes bekam).
Über die Architektur fällt einem eigentlich nichts ein, und auch das wäre schon zu viel gesagt, frei nach Otto Grünmandl. In die unfertige Liste der Innsbrucker Gebäude, auf deren Abbruch man sich schon nach der Errichtung freuen darf, schafft es der Kübel mühelos. Der Architekt hätte sich hier vielleicht vor der Planung den Grauen Star vom Miller operieren lassen sollen. Aber das Gebäude muss man jetzt stehen lassen. Wo soll sonst das Schild hin.
Auf der Straßenbahn der Linie 1 steht wohl die Reklame „Wir bummeln bei Wetscher – und bringen die schönsten Wohnideen heim“
Beim betreffenden Haus Leopoldstraße 1 handelt es sich um das ehemalige Möbelhaus Greif aus den Jahren 1976/77. Geplant wurde das Haus von dem Architekten-Duo Dipl. Ing. Egon Neumair, verstorben 2020, und Alfred Richter.
Den Hotelklotz halte ich für noch schlimmer, auch den mit Waschbetonplatten verkleideten Vorbau.
Trösten wir uns mit der optischen Auffrischung der Erinnerung an das ansonsten nicht in Vergessenheit geratenen Holiday Inn Schriftzug. Heute noch nennen Innsbrucker das Kastl das „Holiday Inn“ auch wenn es schon längst und mehrmals in andere Hände gegangen ist. Amerikanische Touristen stiegen dort gerne ab und stürmten am Abend das Stiegl Bräu wo sie von einem fröhlichen Herrn Dengg in ihrer Heimatsprache („Did you already try Tyrolean Knodels?!“begrüßt wurden. Am runden Stammtisch saß derweil gerne der Walli ( „Sissis aua Gawenar!“), umgeben von einem Schwarm Getreuer.
Aus dem Stadtbild verschwunden sind auch die Sperrketten, die Fußgänger vor unüberlegten Abschneidern schützten, und die Gitterkörbe der Abfalleimer.