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Gletschermaid Im Eisenkleid

Gletschermaid im Eisenkleid

Ein schönes Bilderpaar aus der Sammlung Winkler dokumentiert den Neubau der Wiltener Sillbrücke in den 1890er Jahren am damaligen Fürstenweg.

Die alte Brücke, unten am Beitrag mit einem Herren in weißem Anzug zu sehen, war am Ende, das konnte man auch als Hobby-Pontologe erkennen. So einen Neubau zu planen, war kein einfaches Unterfangen. Das begann schon bei der Finanzierung: Angeboten wurden neue Holzversionen ab 5000 Gulden, geworden ist es dann eine in Prag konstruierte Eisenfassung um 40.000 Gulden (nach dem Währungsrechner der ÖNB heute etwa 600.000 Euro entsprechend; dafür bekommt man derzeit in Innsbruck gefühlt eine Garçonniere in mittlerer Lage mit Autoabstellplatz). Eröffnet wurde die Brücke am 27. Mai 1897.

Bis 1896 hatte ja noch die ausgehende Frühe Neuzeit hier das Sagen. So wurde ein extra Brückenzoll für Steinfuhren (des nahen Paschberg-Steinbruchs) verrechnet. Die politischen Zuständigkeiten waren komplex: Die Stadt Innsbruck, das Stift, der Ärar, die umliegenden Gerichtsbezirke, alle waren an der alten Salztransportstrecke mit Interessen und Anteilen beteiligt gewesen; da es die Gerichte Sonnenburg, Axams und Stubai nicht mehr gab, waren für diese sämtliche Nachfolger-Zwergerlgemeinden geladen; nicht weniger als 26 Bürgermeister hatten schließlich diesen Brückenbau auf ihren Schreibtischen. Die Innsbrucker Nachrichten erklärten es schon 1892 genau:

Es liegen mehrere Projecte vor, so z. B. ein in Holz
auszuführender Bau mit einem Kostenpreis von
5360 fl., ein in Eisen auszuführenden Bau mit
einem Kostenaufwand von 37.000 fl. Ueber die
Erhaltung dieser Brücke wurde im Jahre 1845
eine Vereinbarung getroffen und zwar derart, dass
das k. k. Straßenärar 4 / 12, das Stift Wilten 1 / 12 ,
die Stadt Innsbruck 1 / 12 , das Gericht Sonnen¬
burg 3 /12 , die Gerichte Axams und Stubai zus. 1 / 12 ,
das Probstei-Gericht Ambras 2 / 12 zu den Kosten
beiträgt.

Da die Gerichte Sonnenburg, Axams
und Stubai nicht mehr bestehen, so trifft es nun
die zu diesen ehemaligen Gerichten gehörigen Ge¬
meinden und zwar wurde das Gericht Sonnenburg
durch die Gem. Hötting, Götzens, Natters, Mutters,
Kematen, Völs, Patsch, Vill, Jgls, Sistrans und
Lans, das Gericht Axams durch die Gemeinden
Axams, Birgitz, Grinzens, Sellrain und Gries,
das Gericht Stubai durch die Gemeinden Kreith,
Mieders, Neustift, Schönberg, Telfes, Fulpmes,
das Probstei-Gericht Ambras aus den Gemeinden
Ambras, Pradl, Aldrans und Ellbögen gebildet.

Ausgeführt wurden die Arbeiten (die alte Brücke blieb bis Anfang 1898 daneben stehen) in den wasserarmen Spätwintermonaten 1896 (Fundamente) und 1897 (die Brücke selbst). Ein Zeitungsredakteur fand dabei den heute selten genutzten Titel Gletschermaid für die Sill; wer gelegentlich an der bis heute unverbauten Ötztaler Ache vorbeikommt, kennt den Unterschied der Wasserlaunen eines glazial gespeisten Gebirgsbaches nach Jahres- und Tageszeit.

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