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Eine Stinknormale Straße

Eine stinknormale Straße

… wäre wohl einer der ersten Gedanken beim Erblicken dieser Aufnahme aus dem Jahr 1972, zumindest bei mir persönlich. Doch was sich in dieser Straße, und auch in diesem Foto, hinter einem völlig normalen Anschein verbirgt ist ein Überbleibsel Geschichte des alten Innsbrucks, bevor sich die umliegenden Gemeinden zu Innsbruck eingemeindeten.

In der Aufnahme sehen wir die Dreiheiligenstraße, genauer gesagt die Häuser 21a zur linken und 23 zur rechten Seite, mit der Kreuzung zur Grillparzerstraße zur rechten Seite. Diese Ansicht ist auch heute noch nahezu identisch so zu sehen. Womöglich sind Sie dieser Straße schon öfters begegnet, vielleicht auch schon entlanggelaufen bzw. -gefahren. Ich jedenfalls bin eine Zeit lang fast täglich dieser Straße entlang, und dabei immer in Griffnähe an dem Objekt vorbeigelaufen, das ich Ihnen gerne näherbringen würde.

Konkret geht es um einen Stein. Genauer gesagt um einen Brekzie-Stein, der am Haus zur linken Seite (21a) links unter dem ersten unteren Fenster von rechts leicht dunkel in der Wandmauer erkennbar ist. Unten sehen Sie eine Aufnahme aus dem Jahr 2023, in der der Stein direkt unter dem Einbahnschild erkannt werden kann. Eine Nahaufnahme konnte ich im Archiv leider nicht finden. Leider können am eher schlecht erhaltenen Stein nur noch Überreste eines Bindenschilds und die Zahl 1699 entziffert werden. Zudem ist er nicht beschildert, was beim Bemerken wohl ein schlichtes Weitergehen provoziert. Gerne würde ich Sie jedoch dazu einladen, sich den Stein beim nächsten Mal vorbeigehen genauer anzusehen!

Dreiheiligenstraße 21a im Jahr 2023. Signatur: Ph-Dig-1921-2

Nun stellt sich natürlich die berechtigte Frage: Was macht diesen Stein besonders? Dem Stein geht eine Bedeutung als Grenzstein nach, der die damalige dem Militär angehörige Proviant-Behausung vom naheliegenden Pradl, das damals lediglich eine Fraktion der Gemeinde Amras war, abgrenzte – in Zusammenspiel mit der Sill natürlich. Somit erinnert er an die damalige Grenze zwischen den Gemeinden, die im heutigen verschmelzenden Übergang zu Pradl mit Ausnahme der Sill wohl nicht so leicht erkennbar sein mag.

Die Fraktion Pradl wurde erst im Jahr 1904 von der Gemeinde Amras abgetrennt und vereinigte sich im gleichen Zug mit Innsbruck. Mit der gleichzeitigen Vereinigung der Gemeinde Wilten war so erstmals die Rede von einem „Groß-Innsbruck“. Die Verhandlungen zwischen Innsbruck und Pradl verliefen durchaus im Interesse beider Gemeinden, beispielsweise profitierte Innsbruck von neuen Siedlungsflächen der beiden Gemeinden, und Pradl von einer hygienischen Wasserversorgung.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck. Signaturen: Ph-A-24396-435, Ph-Dig-1921-2)

Verfasser: Kevin Albu

Dieser Beitrag hat 22 Kommentare
  1. Jahrelang ging ich oder fuhr ich mit dem Radl an diesem Stein vorbei, ich habe ihn nie bewusst wahrgenommen! Ärgert mich ein bissl!
    Im Text wird die „dem Militär gehörige Proviant-Behausung“ angesprochen. Auf die Schnelle habe ich nur in https://hik.tirol.gv.at/?basemap=bm0&category=Detailkarten_georef&scale=4513.99773337655&centerx=1269495.5375620765&centery=5986063.370642811&centerspatial=102100&map=236
    nur den Eintrag “k.k Proviant Haus“ an dieser Stelle gefunden. Ist dieses Haus ein Übrigbleibsel davon?

  2. Im eckigen, gelben Haus (siehe Farbfoto) befand sich der Ursprung von MPreis – die Bäckerei der Therese Mölk! Man sieht gerade nicht mehr den früheren Eingang in den Bäckerladen und daneben stadtwärts das große Einfahrtstor in die dahinterliegende Bäckerei.
    An diesem Bäckerladen ging / fuhr ich immer mit Verachtung vorbei, war doch die Mölk neben der Etab die größte Konkurrenz für unsere Bäckerei in der Pradlerstraße!

      1. Ja, und beim vormals“M-Preis“, bezw. Bäckerei Therese Mölk und dem Wappenstein-Haus daneben, Herr Roilo, da tut sich jetzt einiges!
        Seit über einer Woche geht hier der gesamte Auto-, Bus- und Radverkehr unter einem gewaltigen Kran durch. Und über dem Gehsteig befindet sich eine Bretterabdeckung, damit den Fußgängern kein Ziegel- oder Mörtelbrocken auf den Schädel fällt.
        Letzte Woche sind beim schmalen Durchgang zwischen dem Wappensteinhäusl und dem Haus Grillparzerstraße 1 lauter kleinere Containerlen mit Ziegelbrocken herausgeschafft worden.
        Was die Kulturbackstube da wohl vorhat?
        Wir werden uns wohl vom gewohnten Anblick verabschieden müssen.

  3. Ich muss zugeben nicht ganz zu verstehen, wozu dieser Grenzstein zu Pradl links der Sill gut war, wo doch hier alles Innsbruck und meines Wissens nach erst rechts der Sill Pradl und Amras begann.
    Wenn mit dem Bindenschild jener von Innsbruck gemeint ist, könnte dieser die militärisch Anlage von Innsbruck abgegrenzt haben. Dann müssten solche auch um das Zeughaus gestanden haben. Wahrscheinlich bin ich aber hier irgendwo mit meiner Meinung falsch abgebogen.

  4. Mit viel zuviel Phantasie gesegnet deute ich den Wappenstein wie folgt:
    Hier geht eine Brücke über die Sill.
    In der Mitte dieses Flusses befindet sich die Grenze zwischen dem Gebiet der Stadt Innsbruck und dem Dorf Amras (Fraktion Pradl)
    Also: „Vorsicht! Sie verlassen jetzt städtisches Gebiet – „Stadtluft macht frei!“ – und ab Brückenmitte kann Ihnen die Stadt Innsbruck nicht mehr helfen!“
    Wer weiß, ob da nicht wirklich einmal eine Brücke war – hinüber zur heutigen Schmiedgasse würde die Verlängerung der Dreiheiligenstraße ja reichen – und soooo alte Pläne für diese damals von der „Stadt“ aus gesehen noch unwichtigere Gegend als heute – die gibt es ja nicht, oder?, sondern erst ab – siehe Schönegger!

    1. Hand aufs Herz, Frau Stepanek: Sie sind ja auch oft hier vorbeigegangen – wussten Sie von diesem Grenzstein, ist er ihnen früher einmal aufgefallen

      1. Allerdings, er wurde mir schon zur Schulzeit als „einer von drei Innsbrucker Grenzsteinen“ gezeigt, die beiden anderen sind an der „Goldenen Krone“ und in der Rechengasse.
        Später war dann ein vierter in der TT abgebildet – der am Hofwaldweg.
        Gibts noch einen – oder mehrere?
        Aber zu dem in der Dreiheiligenstraße: Analog zum Innsbrucker Wappen mit der Innbrücke auf 2 (früher 3) Pfeilern kanns ja wohl die Sillbrücke sein – auf einem Pfeiler. Wahrscheinlich kam sie bis 1820, 1899 (die „alte“ Frau Singewald ging als vorschulpflichtiges Mädchen damals zum Sillkanal hinüber, der – was niemans für möglich gehalten hätte! – überging und die Zeughausgasse hinunterrann) und eben 1985 niemandem allzu gefährlich vor…- und blieb brav in ihrem Bette. Und jetzt hat sie – dank Sigl Ander! – ja gar keinen Pfeiler mehr-
        (Aber regelmäßige Querrisse im Gehsteig-Asphalt, immer gleicher Abstand!)

        1. Da hätt ich auch vorher nachschauen sollen – auf der Friedhofs-App nämlich.
          Frau Johanna Singewald geb. Huber hat vom 5.12.1886 – 1.1.1978 gelebt.
          Die „vorschulpflichtige“ Sill(kanal)überschwemmung müßte demnach nicht 1899 sondern 1891
          „stattgefunden“ haben – aber dazu gibts wohl irgendwo Unterlagen, nicht?

    2. Liebe Frau Stepaneck, der älteste mir bekannte Plan dieser Gegend ist aus dem Jahre 1612 und befindet sich in der Graphischen Sammlung des Ferdinandeums und natürlich auch in meinem Buch im Kapitel Dreiheiligen.
      https://hik.tirol.gv.at/?basemap=bm0&category=SonstigeKarten_Plaene_nicht_georef&map=47
      Auf der gegenüberliegenden Seite der Sill gab es nur die „Amrosser Felder“. Die Brücke links oben diente wohl als Holzrechen (siehe Anmerkung von F. H. Hye im Infotext).

    1. Lieber Herr Roilo, der Plan, von dem Sie eine Ausschnitt im Zeughaus fotografiert haben, ist mein ganzer Stolz, denn ich habe ihn gemeinsam mit meinem Freund Brigadier Gerhard Fasching im Österreichischen Staatsarchiv entdeckt. Er ist wohl der erste exakt vermessene Plan von Innsbruck und Umgebung und stammt ziemlich genau aus dem Jahre 1750.
      https://hik.tirol.gv.at/?basemap=bm0&category=Detailkarten_georef&map=344&scale=36111.9818670124&centerx=1268701.64338894&centery=5985442.017549073&centerspatial=102100
      Nähere Angaben dazu finden Sie im Infotext und natürlich auch in meinem Buch, wo es einen besonderen Platz einnimmt. Die Abbildung im Zeughaus wurde für die Ausstellung „Des Kaisers Zeug“ 2019 angefertigt.

      1. Um allen das lange Suchen und Überblättern zu ersparen:
        „Vorderes inneres Umschlagblatt“ – groß – und Seite 222 links oben, klein.“

      2. Ja, lieber Herr Schönegger, natürlich habe ich inzwischen in Ihrem herrlichen Buch nachgeschaut! Ein Wahnsinn, auch ein Zeitfresser! Ich habe sogar meinen Garten vergessen!!

  5. Ja, Herr Pechlaner, bis zur 1820-er Überschwemmung floß die Sill ja der „Ferrarischulmauer“ entlang herunter und machte hier die Kurve, ziemlich genau Richtung Osten – der „Sillkanal“ ist sozusagen „der letzte Rest des alten Sillbettes vor 1820“.
    Als erstem Haus von Innsbruck (oder „als letztem“, je nachdem aus welcher Richtung man kam) ist das wohl der logische Platz für einen Grenzstein an der „Landstraße“
    Ob da ein Mauteinheber auf der Lauer lag (zwecks Straßenerhaltung“) oder obs ein Akzishäusl gab – wir werden es nie mehr erfahren.

  6. Naja, da war schon eine Straße dazwischen, und die ging noch fast 200 Meter weiter bis zur Grenze Pradler Sillbrücke, wie man auf den alten Karten sieht. Und zu Grenzsteinen gehörte eigentlich das Wappen beider Gemeinden, wie zb, beim alten Grenzstein bei der Triumphpforte https://tinyurl.com/bddaddys
    Andererseits Wilten ist eben Wilten samt reichem Kloster, welches sich schon einen Prunkstein leisten konnte. Hinter der Sillbrücke lag 1699 noch ein kleines Dorf und dahinter noch eins.

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