Ein politisches Treffen
Im November 1911 tagte die vierte Frauenkonferenz der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs (SDAPÖ) in Innsbruck. Derartige Versammlungen waren keine Seltenheit in der sozialdemokratischen Frauenbewegung, denn die sogenannten Frauenkomitees und Frauenkonferenzen waren wichtige Werkzeuge, um sich über die neuesten Errungenschaften und Bestrebungen im Kampf um die Rechte für Frauen austauschen zu können. Es sollte ein beratendes und richtungsgebendes Gremium geschaffen werden, um die Arbeiterinnenbewegung zu mobilisieren sowie die einzelnen Genossinnen untereinander zu vernetzen. Die Frauenkonferenzen sollten dazu beitragen diese Vernetzung auf Reichs-, Landes-, und Bezirksebene zu gewährleisten.
Was passierte nun auf solchen Konferenzen? Eine Genossin berichtete beispielsweise über das erfreuliche Wachstum der „Arbeiterinnen-Zeitung“, eine andere Konferenzteilnehmerin aus Reichenberg teilte mit, dass die Anzahl der politisch organisierten Genossinnen vor Ort auf 18.000 gestiegen war. Besprochen wurde auch die weitere Vorgehensweise, wenn der §30 keine Gültigkeit mehr hätte. Gemeint ist damit das gesetzlich verankerte Verbot, dass Frauen keinen politischen Vereinen beitreten durften, welches 1918 aufgelöst wurde. Sollte man sich zu einer gemeinsamen reichsübergreifenden Organisation formieren oder sollten selbständig organisierte Wirkungskreise gebildet werden? Fragen über Fragen.
Ich möchte noch zwei Namen von Konferenzteilnehmerinnen aufgreifen, die ebenfalls in Innsbruck Thema waren und aus der Arbeiterinnenbewegung nicht wegzudenken sind. Clara Zetkin sendete ein Begrüßungsschreiben an die Frauenkonferenz. Zetkin war eine deutsche sozialistisch-kommunistische Politikerin und Frauenrechtlerin und gilt als wichtige Persönlichkeit im Zusammenhang mit der deutschen Frauenbewegung. Adelheid Popp, die Begründerin der proletarischen Frauenbewegung in Österreich, war persönlich vor Ort und referierte über den Anschluss von Frauen an die politischen Vereine
(Verena Kaiser)
(Foto: Arbeiterinnen-Zeitung, Heft 23, 7.11.1911, Titelblatt)
Danke für diesen herrlichen Beitrag. Er erinnerte mich an die Buchpräsentation von Gernot Trausmuth in der Buchhandlung Wiederin. Er stellte sein Buch „Ich fürchte niemanden“ (2019) über Adelheid Popp vor. Im Kapitel Wahlrechtsebewegung und Aufbauarbeit schilderte er auch die Anfangsschwierigkeiten der Bewegung „Im „Heiligen Land“ Tirol“: Dort wird auch die Arbeiterinnen-Zeitung vom 18.9.1909, Seite 7 zitiert: „Die Arbeiterinnen-Zeitung berichtete mehrfach Beispiele, die von der „schwarzen“ Allmacht in Tirol zeugten. So drohte unverheirateten Paaren, die ohne kirchlichen Segen zusammenlebten, die Ausweisung aus dem Land. Priester verweigerten die Absolution, wenn das Beichtkind Mitglied der sozialdemokratischen Organisation war oder die Arbeiterpresse las. Die politische Stimmung im Land fasste Adelheid so zusammen: „Jeder selbständige Gedanke wird als Eingebung des Teufels verfolgt.“