Ein musikalischer „Sauhaufen“…
… oder anders formuliert: Eine Marschwertung nach heutigen Kriterien hätte die Musikkapelle Hötting mit diesem Auftritt wohl nicht gewonnen. Beim ersten Betrachten des Bildes habe ich einmal eine Minute gebraucht überhaupt um zu erkennen, wie viele Musikanten überhaupt in einer Reihe gehen. Auflösung: es sind sieben. Der Tenorist ganz außen hat sich nämlich grad zum Ratschen umgedreht und ist kaum zu erkennen. Schaut man noch genauer hin, so erkennt man in der zweiten Reihe einen Musikanten mit zum Kopf mit erhobener Hand, der dem Zurückschauenden wohl gerade etwas Lustiges nach vorne deutet. Einheitliche Instrumentenhaltung? Fehlanzeige! Und in der ersten Reihe ist mindestens eine Person mit verdächtig nach Tschigg-Haltung aussehender Handbewegung zu sehen…
Noch mehr verwunderlich ist, dass Stabführer Engelbert Vollgruber den Stab mit der Kugel oben führt, d.h. dass er klingendes Spiel für die Musikanten anzeigt. Ans Spielen denkt hier aber augenscheinlich keiner. Ein möglicher Erklärungsversuch: der Stab, den er hier führt, wurde der Überlieferung nach rund ums 1809er Jahr von tapferen Höttingern französischen Soldaten abgenommen, d.h. er war zum Zeitpunkt der Aufnahme im Jahr 1930 rund 120 Jahre alt. Vielleicht wollte Vollgruber besonders vorsichtig sein und den Stab nicht drehen um Schäden zu vermeiden. Zudem ist der Stab, der auch heute noch zu besonderen Anlässen zum Einsatz kommt, ein ziemlich schweres „Trumm“. Naja, soviel zur „Sauhaufigkeit“. Vielleicht waren die Musikanten, von denen einige k.u.k-Zeiten und einen Krieg miterlebt hatten eines streng militärischen Marschprozederes auch einfach müde.
Interessant ist auch, dass die Höttinger in Siebenerreihen marschieren. Heute bildet die Musikkapelle Hötting bei Ausrücken mit einer durchschnittlichen Stärke von 35-45 Mann (und Frau) i.d.R. Fünferreihen (im Jahr 1930 waren es ca. gleich viel Mitglieder). Auch hier eine mögliche Erklärung: endlich mal aus den engen und steilen Höttinger Gass’ln raus genießt man die unendliche Weite der Innsbrucker Straßen, die im Rahmen des Turnerfests beschritten wurden. Und hiermit kommen wir zur Rätselfrage des Beitrags. Wo wird hier eigentlich marschiert?
(Stadtarchiv Innsbruck, Sammlung Newesely)
Aber Frau Fritz, eines muss man der Musikkapelle lassen, im Gleichschritt sind sie marschiert. Es gibt
nichts schlimmeres als beim Marschieren außer Tritt zu gehen. Die Höttinger, wie auch andere Formationen in Innsbruck, sind immer vorbildlich aufgetreten, egal ob die Schützenkampanien oder
die Musik.
Liebe Frau Fritz – nachdem Sie nicht gerade zimperlich mit Ihren Höttinger Musikanten umgehen, erlaube ich mir auch eine Spitze: Es fehlen halt die MusikantINNEN!! Da würde das sicher alles geordneter und einheitlicher (??) ausschauen! Die beiden MarketenderINNEN machen eh alles vorbildlich!
Herr Roilo, besser kann man es nicht rüber bringen.
Lieber Herr Roilo, lieber Herr Pritzi,
da haben Sie wohl recht, die Damen fehlen hier noch 🙂 Sie kamen, soweit ich mich richtig entsinne, bei den Höttingern erst im Jahr 2000 dazu (ein paar Jahre später dann auch ich selbst). „Einheitlicher“ in dem Sinne wurde das Marschbild dadurch nicht, da die Frauentracht heute, anders als auf dem Bild, bis zu den Knöcheln reicht und dadurch die Stutzen verdeckt werden. Viele Musikkapellen (etwa in Oberösterreich oder Vorarlberg) statten die Damen (bis auf die Marketenderinnen) deshalb auch mit Lederhosen aus, dass der Schritt innerhalb der Formation besser zu sehen ist. In Tirol überwiegt aber die lange Frauentracht.
Liebe Frau Fritz,
wenn sie bei den Höttingern waren, muss ich Ihnen gratulieren. Das war eine stramme Formation, wie auch die anderen in der Stadt auch. Zu Hötting hatte ich eben eine besondere Beziehung wegen des Ortes meiner Dienstzuteilung, aber auch wegen der besonderen, einzigartigen Art der Höttinger. Ich beschreibe die Höttinger als „hart aber ehrlich.“
Lieber Herr Pritzi,
danke, danke für das Lob 🙂 – Innsbruck durfte sich glücklicherweise immer (und darf sich immer noch) an einer Vielzahl an engagierten und tatkräftigen Kompanien/Musiken und anderen Vereinen erfreuen. Kleine Korrektur am Rande: ich „war“ nicht, ich bin es nach wie vor – Im Moment muss die Musik nur leider „still“ sein.
Engelbert Vollgruber wurde am 3. Juli 1878 geboren und starb am 23. Dezember 1955 mit 77 Jahren!