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Ein Haus Mit Bewegter Geschichte

Ein Haus mit bewegter Geschichte

Als ich vor kurzem durch die Wilhelm-Greil-Straße geradelt bin, staunte ich nicht schlecht über die dortige Baulücke und dass ich den Abriss des dortigen Hauses an der Ecke Greilstraße/Gilmstraße so gar nicht mitbekommen hatte. Der gescheiterte Versuch mich an das Aussehen des ehemals dort gewesenen Hauses zu erinnern, führte mich schließlich zu unserer Datenbank, die einige Bilder des Gebäudes, vor allem vor der Zeit des Zweiten Weltkriegs, bereithielt. Unter anderem jenes im Titelbild, das das Haus um 1910 zeigt. (Einen kleinen Ausschnitt sieht man auch auf dem tollen Bild hier) Daneben bietet die Geschichte des Hauses ein paar interessante Geschichten.

Seit 1906 war in diesem Gebäude, das Hotel-Restaurant Akademikerhaus untergebracht. Zuvor befand sich an dieser Stelle ebenfalls ein Hotel, der Bayerische Hof, geführt von Betty Bader. Bader stammte aus Württemberg und hatte das Hotel 1904, damals noch Hotel Garni, unter Angabe falscher Sicherheiten und Vermögenswerten auf Kredit erworben. Zur Ausstattung und Unterhalt des Hotels hatte sie sich in Innsbruck von unterschiedlichsten Geschäftsleuten weiter Geld geborgt. Außerdem gab es rasch Vorwürfe, sie vermiete „Lokale an Damen, die viel Herrenbesuch erhielten“. Aber schon 1906 fiel dieses betrügerische Kartenhaus in sich zusammen und Bader und ihrem Ehemann wurde der Prozess gemacht. Wer an ‚true crime‘ interessiert ist, dem sei die Gerichtsreportage (Teil 2) zum Prozess empfohlen.

In der nachfolgenden Konkursversteigerung erwarb 1906 der Verein Akademikerhaus das Hotel. Jener hatte eine deutlich andere Ausrichtung des Hotels im Sinn und machte es zu einer Mischung aus Studentenheim, Hotel und Versammlungsort. Der Verein hatte sich – „von der Überzeugung durchdrungen, daß die tatkräftige, geistige und materielle Unterstützung katholischer Hochschüler gerade an der Universität, wo die katholischen Studenten nach Hunderten zählen und die Hälfe aller Studierenden bilden, ein unabweisliches Bedürfnis sei“ – eigens dazu konstituiert. So berichtet es die Zeitung Salzburger Chronik für Stadt und Land vom 29. November 1906. Erster Obmann des Vereins war kein geringerer als Archivdirektor, Universitätsprofessor und nachmaliger Bundeskanzler Michael Mayr, weitere Mitglieder rekrutierten sich aus den konservativen Kreisen der Stadt.

Die Jahre um die Jahrhundertwende waren mit Blick auf die Universität jene Zeit, in der die Hochschule zahlreiche Konflikte aushalten musste, man denke etwa an die fatti di Innsbruck 1904. Die weltanschaulichen Auseinandersetzungen zwischen konservativen und liberalen/deutsch-nationalen Kräften an der Universität waren ebenfalls auf einem Höhepunkt angekommen (Stichwort: Wahrmund-Affäre). Beide Seiten versuchten daher, Studierenden an sich zu binden. Die Gründung des Vereins und die Eröffnung des Hotels/Restaurants muss damit auch in diesem Zusammenhang gesehen werden.

Bald schon entwickelte sich das Akademikerhaus zum Treffpunkt der zahlreich existierenden katholischen akademischen Verbindungen Innsbrucks. In der großen Lesehalle lagen dutzende Zeitungen auf, das Restaurant bot billige Gerichte. Dass das Haus damit keine Goldgrube war, lässt sich erahnen, dennoch sah das Statut des Vereins vor, dass der Reingewinn zur Unterstützung der katholischen Studierenden verwendet werden sollte.

Da der eben erst gegründete Verein nicht so ohne weiters die zum Kauf notwendige Summe von 290.000 Kronen für das Haupthaus und weitere 190.000 Kronen für das Nebenhaus (für einen ungefähren Eindruck, was diese Summe in Euro ergäbe, empfehle ich den Währungsrechner der ÖNB) aufbringen konnte, legte der Verein Schuldscheine auf und warb für deren Zeichnung im katholischen Milieu. Der Hauptanteil der Finanzierung stammte aber vom Katholischen Universitätsverein in Salzburg, der 1884 gegründet worden war und sich zum Ziel gesetzt hatte, die Wiedergründung der Salzburger Universität unter katholischer Trägerschaft ins Leben zu setzen. Da damals die Erreichung dieses Ziels nicht in greifbarer Nähe war, war das Investment in Innsbruck wohl eine gute Möglichkeit, um die akademischen katholischen Kreise in Tirol zu stärken.

Das Unternehmen lief allerdings nicht wie gewünscht und noch vor dem Krieg verpachtete der Verein das Hotel, das ab 1912 nach dem neuen Pächter als Hotel Mayerhofer firmierte. Die Ausrichtung des Hotels blieb ähnlich, weiterhin diente es katholischen Vereinen als Treffpunkt und wurde „dem Klerus, der akademischen Jugend und dem katholischen Publikum bestens empfohlen“. Die Hoffnung auf Erfolg stellte sich aber auch mit dieser Lösung nicht ein und der Verein suchte daher einen Käufer für das Haus. Was dann folgte, war die von der Presse so titulierte Akademikerhaus-Affäre, ein Immobilien-Deal, der vor allem den Tiroler Landesausschuss (der in etwa der heutigen Landesregierung entspricht) in schiefem Licht erscheinen ließ: Das Hotel wurde 1913 nämlich vom Land für die Landeshypothekenanstalt (heute Hypo Tirol Bank) um 480.000 Kronen angekauft. Der schwer belastete katholische Akademikerhaus-Verein wurde damit auf einen Schlag entschuldet und auch der Salzburger Universitätsverein erhielt sein Geld wieder. Bald schon regten sich Proteste gegen dieses Geschäft. Als einer der prominentes Kritiker tat sich Wilhelm Greil, Bürgermeister und deutschfreiheitlicher Politiker, hervor, der diesen Deal zwischen Land und Akademikerhaus-Verein kritisierte und dahinter einen Klüngel der christlichsozialen Partei, allen voran Joseph Schraffls, und dem Akademikerhaus-Verein sah. Es folgten bald Anschuldigungen, Dementis und Gegendarstellungen. Auch auswärtige Zeitungen, insbesondere aus Salzburg sprangen auf die Geschichte an, wie der folgende Zeitungsauschnitt zeigt.

Salzburger Volksblatt, 1. November 1913.

Der Rummel um diese österreichische Lösung legte sich bald, der Beigeschmack blieb. Der Verein löste sich während des Krieges auf. Das Haus wurde schließlich 1915 wie geplant zum Sitz der Landes-Hypothekenanstalt. Ab 1923 zog im Parterre auch die Landesleitung der Tiroler Heimatwehr ein.

In den 1920er und -30er Jahren war im Gebäude der Wilhelm-Greil-Straße 10 auch die Landesleitung der Heimatwehr untergebracht. Entsprechend kam es in der Straße immer wieder zu Demonstrationen. Stadtarchiv/Stadtmuseum Ph-18448.

1931 übersiedelte anstelle der Landesbank die Tiroler Landes-Brandversicherung (heute Tiroler Versicherung) in das Haus.

Innsbrucker Nachrichten, 3. Februar 1931

Die Versicherung übernahm das Haus wenige Jahre später ganz und seither ist sie im Besitz der Immobilie. Die Tiroler Versicherung baut dort nun auch ihre Zentrale neu auf, ein Holzgebäude mit begrünter Fassade.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Ph-31077)

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