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Ein Biblischer Neujahrsgruß

Ein biblischer Neujahrsgruß

Man fragt sich unwillkürlich, was den Macher dieser Neujahrsentschuldigungskarte aus dem Jahre 1842 vor 180 Jahren bewogen hat, dieses Motiv zu wählen – ein „frohes“ neues Jahr strahlt es nicht wirklich aus.

Es zeigt den biblischen Propheten Jeremia, der auf den Trümmern des zerstörten Jerusalems sitzt. Jeremia war eine vermutlich historische Figur, aus deren Feder zumindest Teile des Buches Jeremia und andere Teile des Alten Testaments stammen. Der Tradition nach sah er die Zerstörung Jerusalems und des Tempels des Salomon im Jahre 598 v. Chr. voraus:

Das Wort des Herrn erging an mich: Was siehst du, Jeremia? Ich antwortete: Einen Mandelzweig sehe ich.   

Da sprach der Herr zu mir: Du hast richtig gesehen; denn ich wache über mein Wort und führe es aus.          

Abermals erging an mich das Wort des Herrn: Was siehst du? Ich antwortete: Einen dampfenden Kessel sehe ich; sein Rand neigt sich von Norden her.      

Da sprach der Herr zu mir: Von Norden her ergießt sich das Unheil über alle Bewohner des Landes.   

Ja, ich rufe alle Stämme der Nordreiche – Spruch des Herrn -, damit sie kommen und ihre Richterstühle an den Toreingängen Jerusalems aufstellen, gegen all seine Mauern ringsum und gegen alle Städte von Juda.  

Dann werde ich mein Urteil über sie sprechen und sie strafen für alles Böse, das sie getan haben, weil sie mich verlassen, anderen Göttern geopfert und das Werk ihrer eigenen Hände angebetet haben.

(Jer 1,11 – 1,16)

Mit den anderen Göttern ist laut einer späteren Passage Baal, eine andere semitische Gottheit gemeint, der Menschenopfer dargebracht worden seien.

Denn sie haben mich verlassen, mir diesen Ort entfremdet und an ihm anderen Göttern geopfert, die ihnen, ihren Vätern und den Königen von Juda früher unbekannt waren. Mit dem Blut Unschuldiger haben sie diesen Ort angefüllt.  

Sie haben dem Baal eine Kulthöhe gebaut, um ihre Söhne als Brandopfer für den Baal im Feuer zu verbrennen, was ich nie befohlen oder angeordnet habe und was mir niemals in den Sinn gekommen ist.

(Jer 19,4 – 19,5)

„Wehklage der Gefangenen zu Babel“ Robert Leinweber, 1910 (Signatur sommer41_053)

Mit der Eroberung Jerusalems durch den babylonischen König Nebukadnezar II. begann das babylonische Exil, das Bild des trauernden Jeremia auf den Trümmern des zerstörten Jerusalem ist ein beliebtes Motiv in der Kunst – auch Rembrandt van Rijn hat ein entsprechendes Werk geschaffen. Weshalb es jedoch ein Motiv für eine Neujahrskarte war, bleibt ein Rätsel…

(Signatur Bi-g-4-1842)

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
  1. Könnte auch eine verkaterte Brummschädelszene am (späten) Neujahrsmorgen darstellen. Der Junge sucht verzweifelt nach jemandem, der wenigstens beschränkt kommunikationsfähig ist. Die Trümmer? Na ja, manche Böller haben schon eine Wucht.
    Paßt.

  2. Soweit ich es in Erinnerung habe, ist es doch so, dass das Buch Jeremia am Ende, auf den Trümmern Jerusalems, die Ankündigung eines neuen Bundes zwischen Gott und den Menschen enthält – der dann durch Jesus verwirklicht wurde. Insofern passt es schon zur Weihnachtszeit. Und auch wenn bildlich bedrückend, wäre die dahinterliegende Botschaft dann: selbst wenn vielleicht gerade alles trostlos ist, sei hoffnungsvoll, irgendwann wird die Rettung kommen. Was auch zum Jahreswechsel passen würde. So meine Interpretation. Aber ich lasse mich gerne von Expertinnen und Experten eines Besseren belehren. 🙂

  3. Ich hätte da einen Ansatz, wie aus diesem bedrückende Chaos tatsächlich keine Hoffnung entstehen kann. Ein Zitat, das das Bild treffend beschreibt fällt mir spontan dazu ein.

    “ Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen, und ich lächelte und war froh, und es kam schlimmer…!“

    Zugegeben, für Entschuldigungskarten wäre ich vielleicht zu unsensibel. Ich hätte sie aber auch nicht ausgewählt.

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