Edgar Meyer: Künstler, Sammler, Deutschnationalist
Der Maler Edgar Meyer wurde als Sohn einer wohlhabenden Innsbrucker Kaufmannsfamilie am 5. September 1853 in Innsbruck geboren. Er besuchte die Akademie der Bildenden Künste in München. 1874 wechselte er an die Kunstakademie Düsseldorf und wurde Schüler von Eugen Dücker, der dort mehrere Jahrzehnte lang als Lehrer für Landschaftsmalerei tätig war. Danach begab sich Edgar Meyer auf Studienreisen nach Rom und Venedig. 1880 bis 1881 war er Mitglied des Düsseldorfer Künstlervereins „Malkasten“. 1881 ließ er sich unterhalb des Alpenzoos eine Villa errichten, die er ein paar Jahre später wieder verkaufte. Die Villa wurde 1968 zugunsten der Hotelfachschule Villa Blanka abgebrochen.
1886 wurde Edgar Meyer Professor an der Weimarer Kunstschule. Seine Aquarelle und Gouache-Bilder erfreuten sich vor allem in Deutschland großer Beliebtheit und waren sehr gut verkäuflich. Als Titelbild dieses Artikels dient ein sehr schönes, 1892 entstandenes Aquarell des Künstlers, das die Redoutensäle, das Landestheater, die Hofburg und den mit Blumenbeeten und Bäumen geschmückten Rennweg zeigt.
1893 erwarb Edgar Meyer in der Gemeinde Freienfeld in Südtirol die mittelalterliche Burgruine Welfenstein, bei der nur noch der Hauptturm aus dem 13. Jahrhundert und ein Wohnbau aus dem 14. Jahrhundert erhalten waren. Diese noch bestehenden Gebäudeteile wurden in den Wiederaufbau, der den romantischen Vorstellungen der damaligen Zeit und nicht den historischen Vorlagen entsprach, einbezogen. Der Künstler stattete die Burg mit Antiquitäten, Kunstwerken und einer großen Bibliothek aus. Die Burg brannte 1918 nieder. Dabei wurde ein Teil der Sammlung zerstört.
Als einer der Mitbegründer des Tiroler Volkskunstmuseums beschäftigte sich Edgar Meyer als Einkäufer mit der Erweiterung der Sammlung. Sein politisches Engagement ist aus heutiger Sicht sehr kritisch zu bewerten: Der Künstler setzte sich nämlich für die Erhaltung des „Deutschtums“ in Tirol ein und war Mitglied in einer Reihe von Vereinen, die sich mit dieser Frage beschäftigten. Unter anderem trat er dem 1905 in Sterzing gegründeten „Tiroler Volksbund“ bei, der die Parole „Tirol den Tirolern ungeteilt von Kufstein bis zur Berner Klause“ hatte. Noch kritischer zu bewerten ist, dass Edgar Meyer nach dem Ersten Weltkrieg bei der ersten öffentlichen Versammlung des 1919 gegründeten Tiroler Antisemitenbundes in den Innsbrucker Stadtsälen als Redner auftrat. Bei dieser Rede gab er die „jüdische Zersetzungsarbeit” als Ursache für den Zusammenbruch der Österreich-ungarischen Monarchie an.
Edgar Meyer verstarb am 21. Februar 1925 im Alter von 71 Jahren in Aldrans.
(Stadtarchiv Innsbruck, Bi-1925, Bi-g-1739)
Das Aquarell mit der Schlossergasse ist ein ausgesprochen interessantes Motiv, weil darauf die erste evangelische Kirche Tirols dargestellt ist, vgl. dazu diesen Beitrag:
https://innsbruck-erinnert.at/ein-armseliges-kleinod/
Man kann gut verstehen, wenn ein Zeitgenosse auf einer Postkarte um 1900 schreibt: „Nebenan sehen Sie unser armseliges Kirchlein, das niemand findet…..“
Ein wunderbares Detail dieser Rennweg-Ansicht von 1892 ist u.a. dass der Leopoldsbrunnen noch nicht aufgebaut ist. Die Reiterstatue von Erzherzog Leopold befindet sich damals noch auf dem steinernen Sockel vor dem Stadttheater.