skip to Main Content
Der Bilderblog aus dem Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck
Bilder Einer Dörferlinienkatastrophe

Bilder einer Dörferlinienkatastrophe

Ein außergewöhnlicher Verkehrsunfall, wie so oft geschehen als Verkettung von menschlichem Versagen und unglücklichen Umständen, forderte im Sommer 1946 ein Todesopfer im O-Bus der Dörferlinie. Der mit 40 Personen vollbesetzte Wagen der Innsbrucker Verkehrsbetriebe wurde beim Überqueren der Gleise der Westbahn in der Nähe des Rumer Hofes von einem aus Innsbruck kommenden Güterzug am Heck getroffen.

Die Zeitungsberichte sind eher knapp und zunächst widersprüchlich. Erst am zweiten Tag scheinen dann die Fakten gesichert. Der Busfahrer hatte bei geöffneten Schranken (der Wärter wurde noch am Unfallort verhaftet und später verurteilt) die Schienen gequert und konnte seine Fahrgäste, obwohl er den Zug herankommen sah, wegen eines vor ihm fahrenden Lastwagens nicht in Sicherheit bringen. Im Bus wurden 15 Personen verletzt, darunter vier schwer; die 15-jährige Ludwina Lechner aus Thaur erlag noch am selben Tag ihren Verletzungen.

Die wohl von einem Amateur geschossenen Fotos sind dramatisch und wegen des TV (Tirol und Vorarlberg) Nummernschildes am Bus war mir zunächst nicht klar, ob sie noch während des Krieges entstanden sind. Die beiden Bilder sind unbeschriftet, aus zwei verschiedenen Richtungen geknipst und verraten dem einheimischen Betrachter gleich, wo sie entstanden sind. Wer die Aufnahmen gemacht hat, ist auch nicht gesichert. Vielleicht war es der 16-jährige Karl-Heinz Klee, der hier ganz in der Nähe wohnte. Aus seinem Nachlass stammen die beiden Fotos.

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare
  1. ich bezweifle den Hinweis auf einen O-Bus ( Oberleitungsbus )!
    Meines Wissens war der Bus mit dem Kennzeichen TV-2814 ein Bus der Wiener Firma Gräf & Stift, Typ 120 O;
    Baujahr 1941!
    Weiters spricht auch die Leiter am Heck zum Dachgepäckträger gegen einen Obus!
    Am Heck waren die Seilzüge für die Stangenstromabnehmer angebracht!
    Weiters waren keine O-Busse bis Rum im Einsatz, Die Ansaldo-Breda-OBusse waren nur über Mühlau nach Arzl im Einsatz.
    In Rum war keine Kreuzung der O-Bus-Leitungen mit der Staatseisenbahn eingerichtet!

  2. der Bus mit dem Kennzeichen TV-2814 war offensichtlich mit einer Holzvergaseranlage ausgestattet
    hiefür spricht die Öffnung ( schwarzes Loch ) im Dach und der Sack vermutlich mit Buchenscheitern.
    Auch das letzte ( blinde ) Fenster dürfte mit Blech verschlossen worden sein
    ab 1947 erhielt dieser Bus das Kennzeichen T-107
    weiters gab es einen baugleichen Bus mit den Kennzeichen TV-2815 und T-103

    1. Wenn es tatsächlich ein Holzvergaserbus war, dann waren in den Säcken sicher keine Buchenscheiter, sondern eigenes „Holzvergaserholz“ aus der „Holzvergasertankstelle“ in der Körnerstraße.
      Hiezu:
      In https://innsbruck-erinnert.at/wieder-unser-freund-das-schwarze-auto/ mein Beitrag vom 6.10.2020:

      Etwas Interessantes auch noch: Gegenüber, schon im Gaswerkgelände (heute Teil des Stadtparkes), teilweise auch auf dem hier etwas breiteren Beginn der Körnerstraße (die heutige Anlage vor dem Haus gab es ja noch nicht), wurde in den letzten Kriegsjahren eine ‚Tankstelle‘ für die ‚Holzvergaser‘ errichtet. Besitzer derartiger Fahrzeuge (hauptsächlich LKW) konnten hier besonders aufbereitetes Holz beziehen und damit ihre Verbrennungskessel beheizen. Wir Buben schauten immer wieder hier vorbei, gab es da doch immer Besonderes zu sehen, es war immer Betrieb (wenn nicht gerade Fliegeralarm war). Ab und zu ergatterten wir auch eines der Holzstücke, war fast eine Jagdtrophäe für uns!! Ob es im Stadtarchiv irgendwelche Fotos von dieser ‚Tankstelle‘ gibt??? Mir kommt fast vor mich zu erinnern, dass auch diese Einrichtung einen Bombentreffer abbekam und dort stehende, verlassene Fahrzeuge beschädigt wurden!
      Viele wissen wahrscheinlich gar nicht mehr, dass ein Teil der Gaswerkstraße ab Körnerstraße zwischen dem alten Teil des Rappoldiparks und dem Gaswerkgelände hinauf zur Amraserstraße führte, also praktisch quer durch die heutige Parkanlage!.

  3. Lieber Herr Zigler,

    vielen Dank für die Ergänzungen.
    Ich habe mich auch gewundert dass in den Zeitungen wiederholt von einem Obus die Rede ist, speziell wegen der Dörferlinie. Wahrscheinlich sind wir hier wieder im ewigen Sprach-Spannungsfeld Omnibus versus Oberleitungsbus gelandet, und der Redakteur 1946 wußte es auch nicht besser.

  4. Im „Kreutz“ ist zu dem Unfall festgehalten:

    „17. Juni: AuL D; infolge offener Schranken in Rum erfasst ein von Innsbruck kommender Güterzug den Gräf Nr. 44 (Holzgaswagen), eine Tote.“

    Nun sehen wir auch Bilder zu diesem nicht alltäglichen Unfall. Dafür vielen Dank!
    O-Bus gab es dort weit und breit keinen. Der O-Bus war 1946 in Innsbruck noch recht neu. Das System wurde 1944 eröffnet und war dann wegen zahlreicher Probleme mit Infrastruktur, Materialbeschaffung und Fahrzeugausfällen sicher oft in den Zeitungen. Vielleicht hat er sich deshalb auch in Berichte von diesem Unfall eingeschlichen.

  5. Dass das kein O-Bus war, sieht man auswendig. Aber wenns in der Zeitung steht….

    Danke zu den Kommentaren mit der Kurzeinführung in die Welt der Holzvergaser und deren Holztankstellen. Den ehemaligen STraßenverlauf der Gaswerkstraße siehtman auch auf den „Luft“bildern des Beitrags https://innsbruck-erinnert.at/ohne-fleiss-kein-preis/ ?

    Was für mich neut ist, ist der Umstand, daß die Dörferlinie über die Hallerstraße gefahren ist. Hinfahrt über die Dörfer, Rückfahrt über die Haller Straße? Ja, offensichtlich. Man siehts auswendig.

    1. Ein wunder Punkt, Herr Hirsch! Alle öffentlichen Verkehrsmittel Innsbrucks sind hervorragend dokumentiert: über die Innsbrucker Eisenbahnen und Lokalbahnen, die von Innsbruck ausgehenden Eisenbahnen und Innsbruck als Eisenbahnknoten gibt es zahlreiche auch aktuelle Literatur, über die Seilbahnen ebenso, auch die Straßenbahn wurde über die Jahrzehnte von unterschiedlichen Autoren (absichtlich ungegendert, weil’s leider so ist) und in unterschiedlichen Formaten und Sprachen dokumentiert, und auch über die bisher zwei O-Bus-Systeme ist Literatur zu finden, die kaum Fragen offen lässt.

      Aber was ist seit hundert Jahren gleich nach der Tram das wichtigste öffentliche Verkehrsmittel, zeitenweise sogar mit mehr Fahrgästen als der städtische Schienenverkehr? Genau, der Stadtbus und auch die diversen Vorortlinien, von denen einige über lange Zeit auch zu den Innsbrucker Verkehrsbetrieben gehörten – eine Ära, die in wenigen Tagen mit Fahrplanwechsel 25/26 und Abgabe der bisher bei den IVB verbliebenen Konzessionen der 500er-Linien und Auflösung der Innbus Regionalverkehr endgültig vorbei sein wird. Und dieses Bussystem ist leider unzureichend dokumentiert. Walter Kreutz, kein großer Fan der Gummiradler, hat sich redlich bemüht, auf 77 Seiten und in einer nur den Zeitraum 1991 bis 2010 abdeckenden Fuhrparkliste das aus den von ihm gesammelten Unterlagen herauszufiltern, was ihm wichtig erschien.
      Im „Kreutz“ finden sich aber keine Strecken- und Liniennetzpläne, nur kleine dokumentarische Fotos mit Druckraster und die Dokumentation endet 2010, weil der Verein TMB sich für Busse nicht zuständig sieht, betreibt man doch ein Localbahn- und kein Stadtverkehrsmuseum, und somit die Kreutzsche Bus-Chronik in den beiden auf dem „Kreutz“ basierenden Werken aus 2023 und 2024 nicht fortgeführt wurde.

      Kurz gesagt: es fehlt ein Buch nur über Stadtbus und O-Bus mit allen Daten inklusive Netz- und Streckengeschichte, von den spannenden Anfängen über die beinharten kommerziellen Angriffe der Innsbrucker Busbetreiber auf die mächtige LBIHiT, die Geschichte der zahlreichen Schüler:innen-, Verstärkungs- und Sonderlinien, auch der Schienenersatzverkehre, bis zur inzwischen angelaufenen Komplettumstellung auf Elektrobusse, die neue Betriebshöfe erfordert.

      Ja, und deswegen wusste ich auch nicht, dass der D damals von Rum herunter über diese Eisenbahnkreuzung fuhr. Man kann einfach nirgends nachsehen, wie die Strecken damals verliefen.

      1. Die „Schienenlobby“ ist einfach dominanter als die Omnibusgemeinde. Warum das so ist, wäre genau so eine Studie wert wie die von Ihnen angesprochene Lücke in der Literatur zum Busverkehr. Wahrscheinlich hängen beide Phänomene zusammen.

        Ich kannte jedenfalls die Dörferlinienroute hin und retour über die Dörfer. Der D fuhr zwar bis Hall, drehte dann aber wieder um und fuhr die gleiche Strecke zurück. Da war aber die Holzgaszeit schon um. Vielleicht war es technisch nicht möglich oder zumindest grenzwertig, die motorisch schwachbrüstigen Holzvergaser die steile Straße nach Absam hinauf zu schicken? Über Mühlau und Arzl verteilen sich die ca. 65 Höhenmeter auf die doppelte Distanz als die direttissima von Hall nach Absam.

        Frühe Erinnerungen an den Streckenverlauf der Dörferlinie habe ich auch nicht. Den Ausflug nach Absam mit Kirchenbesuch hab ich nur als schrecklich fad in Erinnerung. Ich bilde mir aber ein, dass meine Mutter über die Routenwahl vom H.Sigmundufer „durch das schöne Waldele“ zum Rennweg (hinter dem Kongresshaus durch den Park herum) geradezu entzückt war, wie wenn der D vorher woanders gefahren wäre.

Schreibe einen Kommentar zu Manni Schneiderbauer Antwort auf Kommentar entfernen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top
×Close search
Suche