Die Welt von 1950
Eine Karte zum Hineinknien, nicht nur für notorisch Planaffine, hat Josef Schönegger gesichert; Schönheitsfehler des Fundes: Es ist nur eine Fotografie im Landesarchiv erhalten, der Originalplan befindet sich aus hier nicht nachvollziehbaren Gründen (noch) nicht im Stadtarchiv. Vielleicht findet ihn ja noch ein Kollege im städtischen Vermessungsamt und schickt ihn uns gelegentlich vorbei. Auch interessant: Der Plan stützt sich visuell auf ein 1940 entstandenes Projekt, dessen Original heute originellerweise im Klärwerk hängt, da ist auch nicht ganz klar warum.
Bitte nehmen Sie sich die Zeit, die interaktive Version anzusehen. Dann beginnt der vergnügliche Prozess des Mauswanderns durch die Planwelt der 1950er. Ein paar Dinge, die einem von West nach Ost auffallen könnten: Der Flughafen noch als Linie auf dem Felde; zwei kaum verbundene Dörfer im Sieglanger; eine fixfertige Heiligjahr-Siedlung am Fischerhäuslweg; äußerst locker bebaute Höttinger Auen (das Ischia-Mountainbikestadl-Areal ist aber schon fertig). Wilten steht praktisch so wie es heute aussieht, aber noch ohne Südring und Konzertkurve. Der Saggen ist fast fertig verbaut.
In den Wäldern nördlich und südlich der Stadt scheint jede Parzelle separat gezeichnet. Speziell auf der Hungerburg ist das originell anzusehen, es gibt linkerhand längsgestreifte Höttinger Liegenschaften und rechterhand quergestreifte Mühlauer Besitzerschichten und anschließend noch teils briefmarkengroßen rechteckigen Kleinstparzellenbesitz. Oberhalb des Rechenhofes meint man im Plan eine Zither inklusive Schalltrichter zu erkennen. Warum hier knapp außerhalb der Stadtgrenze über 50 geschätzt 7 bis 8 Meter breite und 300 Meter lange Grundstücke parallel im unwegsamen Hang abgesteckt wurden, entzieht sich der Kenntnis des Autors dieser Zeilen. Auch im Luftbild von heute scheint sich dieser Besitz noch abzubilden. Vielleicht hat ja die Gemeinde Rum unter ihren Eisenbahnern nach 1918 ein paar Meter Wald verlost. In Rum selbst sieht man noch gut die Militär-Baracken des Camp Rum auf den Feldern.
Die interessantesten Entwicklungs-Gebiete dieser Karte liegen vermutlich in Pradl und der Reichenau. In letzterer die übrig gebliebenen Baracken der verschiednen Lager und die Bocksiedlung im Detail, die Rossau als ausschließlich landwirtschaftlich genützte Zone. In Pradl hat sich in den 10 Jahren davor viel getan, die Südtiroler sind eingezogen, dazwischen gibt es auch noch viele Baracken. Die Siegmair-Doppelvolksschule Pradl steht noch nicht, für den Komplex bestanden da schon viele Jahre Pläne inklusive HJ-Jugendheimen, gebaut wurde sie erst 1958. Nördlich und südlich des Südrings (hier war ja noch lang das unabhängige Amras zuständig gewesen) entstehen ständig neue Straßen mit Block- und Einfamilienhaus-Bebauung.
So zum Beispiel in der Mößlgasse, die bis heute nur jeder zweite Taxifahrer auf dem Stadtplan findet. Zwischen Löns- und Burgenlandstraße – später Amraser Seestraße – gelegen, plante hier die Neue Heimat auch schon 1940 eine Siedlung von gruppierten Einfamilienhäusern mit Gärten. 1950 waren einige dieser Häuser dann schon erbaut; auf den noch offenen Flächen errichteten später die ÖBB Blocks für ihre Lokführer.
So viel auf die Schnelle. Frohe Ostern und viel Spass beim Suchen!