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Die Waggonbewohner:innen #5

Die Waggonbewohner:innen #5

Bei Gsallers in der Villa Fredo
Ein paar Tage nach unserem ersten Telefonat hat mich Frau Hemerka noch einmal per Whatsapp kontaktiert. Sie habe da ein bis dahin eher wenig beachtetes Fotoalbum ihres verstorbenen Schwiegervaters gefunden, das mich interessieren könnte…

… man darf sich ja nie zu viel erhoffen, bevor man ein Archivstück gesehen hat. Das Album von Rudolf Hemerka Junior (1910–1984)  hat es aber wirklich in sich. Eine ganze Kindheit und Jugend in Innsbruck ist darin dokumentiert, die Bilder wirken teils selbst geschossen (und entwickelt), vielleicht war ein fensterloser Waggon ja keine so schlechte Dunkelkammer. Freizeitaktivitäten alle Art wurden geknipst und wie es sich gehört im Album datiert und beschriftet. Aus diesem Album werden wir noch viele Fotos sehen, heute bleiben wir noch bei der „Villa Fred[d]o“ der Familie des Alois Gsaller (geb. 1880 in Virgen) und seiner Gattin Anna Cäzilia geb. Wais (1869 in Vigo di Fassa). Die Familienmitglieder und noch einige Herren im Sonntagsgewand stehen im frischen Schnee vor dem Waggon auf dem Hauptbahnhof, der aus „Für Wohnzwecke“ auf der Tür gemalt hat. Die jungen Frauen stellen für das Foto die Schneeräumung per Besen und Metallkrampe dar, der Junior sitzt auf einer Rodel. Über die ganze Länge des Waggons hängen Eiszapfen in den kalten Winter 1922.

Romeo und Julia auf dem Gleise

Bei der Nachschau in der Friedhofsdatenbank, wann und wo die Eltern Gsaller gestorben sind (Alois im November 1938, Anna 1960, beide in Innsbruck), ist mir dann noch aufgefallen, dass im selben Grab auch ein Adolf Berger junior (geboren 1902 in der Alservorstadt, der Sohn des in den früheren Berichten genannten gleichnamigen Stadtrates) und eine Anna Berger geb. Gsaller (geboren 1905 in Zwölfmalgreien) bestattet sind. Diese beiden, die Anna Gsaller und der Adolf Berger junior, waren so um die 20 als sie sich als Waggonbewohner:innenkinder hier gefunden haben. Beide musizierten auch im Arbeiter-Zitherorchester „Eintracht“, wie eine Neujahrsanzeige in der Volks-Zeitung verrät. Sie heirateten im April 1926 in der Pfarrkirche zu St. Jakob und, so hoffe ich, waren glücklich bis an ihr Ende.


Heimatrolle don’t lie (zwei nach 1926 geborene Kinder ausgeblendet):

Ein Bild noch als Bonus aus dem Fotoalbum: das Schwesterbild des schon gezeigten mit der Familie Hemerka vor dem eigenen Waggon. Hier sitzt der von mir als Fotograf vermutete Rudolf junior auf der steilen Eingangsstiege, die im Gegensatz zu Waggon sehr neu aussieht.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Eine wahnsinnig spannende Geschichte, nochmal danke dafür. Ich bin auch schon neugierig, was das Fotoalbum sonst noch hergibt.

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