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Der Bilderblog aus dem Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck
Die Heimwehr In Innsbruck (I.)

Die Heimwehr in Innsbruck (I.)

Im letzten Artikel war bereits von Richard Steidle im Rahmen der Fahnenweihe der Heimwehr am Bergisel die Rede. Steidle war nicht nur der Gründer der Tiroler Heimwehr, sondern auch eine treibende Kraft bei der Schaffung des Österreichischen Heimatschutzes, in dem sich die einzelnen Heimatwehren der Bundesländer zusammenschlossen – er wurde auch zum ersten Bundesführer dieser Vereinigung.

Steidle wurde 1881 in Untermais bei Meran geboren und kam nach Innsbruck, um Rechtswissenschaften zu studieren. Dort trat er der katholischen Verbindung AV Austria Innsbruck bei. Nach seiner Promotion 1908 arbeitete er als Konzipient, ehe er 1913 selbst als Rechtsanwalt – bzw. als Advokat, im damaligen Sprachgebrauch – tätig wurde. Noch während seiner Zeit als Konzipient heiratete er die Tochter eines Wiltener Arztes, Herma Mayr. Während des Ersten Weltkrieges arbeitete er für die die militärische Justiz, da er für den Kriegsdienst untauglich war, 1917 wurde er zum Militärgerichtsakzessisten ernannt.

Während er uns somit vor dem Ende des Ersten Weltkrieges in den Innsbrucker Zeitungen in kleinen Hinweisen auf Promotionen und Eheschließungen begegnet, findet sich auf der Titelseite des Allgemeinen Tiroler Anzeigers vom 26. November 1918 ein umfangreicher Artikel aus seiner Feder: Tirol und Versailles. Darin mischen sich in bemerkenswerter Weise ideologisch verbrämte Ressentiments und hellsichtige politische Analyse. Er mahnte seine Landsleute, sich keinen Illusionen über ihre Lage hinzugeben:

Nicht wir beschließen, was mit uns geschehen wird, nicht wir bestimmen die künftige Stellung und Gestalt Tirols. Über unsere Geschicke wird im Versailler Schlosse von unseren Feinden beraten und entschieden werden.  Das dürfen wir heute nicht vergessen, wenn geschäftige Federn in kühnen Strichen auf der Karte Grenzen ziehen und neue Staatsgebilde schaffen. Nüchterne, wenn auch herzlich bittere Einkehr in die Erkenntnis der tottraurigen Wirklichkeit tut not, wenn nicht schwere Enttäuschungen dem eilfertigen Weltgeschichte-Spielen folgen sollen.

Er warnte davor, den Parolen vom Selbstbestimmungsrecht der Völker Glauben zu schenken, nur eine „Lehre der Geschichte“ würde sich aufs Neue bestätigen: „Wehe den Besiegten!“ Daher sollte man seine Zeit und Energie nicht für rechtschaffene Entrüstung verschwenden. Dabei hielt er den Besiegten auch fragend den Spiegel vor:

Und, Hand aufs Herz: wäre ein unbeschränkt Siegreiches Preußen, ein triumphierendes Wien und Budapest mit den geschlagenen Feinden zarter umgesprungen? […] Es ist gut und nützlich auch solchen Gedanken den gebührenden Raum zu geben, anstatt nur über die Vergewaltigung durch einen rücksichtslosen Feind zu klagen und erstaunt zu tun, daß alle schönen Phrasen jetzt, da unsere Gegner restlose siegten, nicht mehr gelten.

Diese überraschend selbstreflektierte Einsicht war freilich kombiniert mit Schuldzuweisungen innerhalb der Mittelmächte:

Der gewalttäterische Charakter des im Grunde slavischen Preußentums [!], der schamlose Zynismus magyarischer Herrschsucht im Vereine mit der ethischen Verderbtheit Wiens wäre voraussichtlich von großmütigen und rein menschlichen Anwandlungen beim Friedensschlusse ebenso entfernt gewesen, wie jetzt romanische Beutegier und Ruhmsucht oder die rechnerische Kaltherzigkeit des Angelsachsentums.

(Richard Steidle bei einer Parade der Heimwehr in Hötting 1932, Signatur RM-PL-0048)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Wirklich überraschend klare Lagebeurteilung des Dr. Steidle, ob damals viele seiner Meinung waren bin ich mir nicht sicher. Der Uniformierte im Bild links sieht nach Ernst Rüdiger von Starhemberg aus?

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