Die erste Hochrechnung ist da
Das kennen Sie vermutlich auch: Am Wahltag rufen einen den ganzen Tag über Freunde und Bekannte an, ob sie das Wahlergebnis nicht ausnahmsweise schon etwas früher als bei der ersten Hochrechnung wissen könnten… der Bruder habe das doch sicher längst. Natürlich weiß ich bereits seit Wochen den Ausgang der heutigen Wahl, die wie alle vermeintlichen Abstimmungen in Österreich von fremden Mächten im Ausland verschoben wurde, aber ich kann schweigen wie ein Verschwörungstheoretiker, wenn man ihn um Beweise seiner Behauptungen fragt.
Natürlich ist es spannend, am Wahlabend schnell zu erfahren wie alles ausgegangen ist. Interessanter ist es meistens, sich die Ergebnisse in Ruhe ein oder zwei Tage später im Detail anzusehen. Die Ergänzungswahl zum Innsbrucker Gemeinderat vom 23. April 1933, deren Ergebnis seit 89 Jahren feststeht, wird immer die bekannteste Wahl der Stadt bleiben. Obwohl an diesem Tag wie in Innsbruck üblich nur die Hälfte der Sitze neu vergeben wurde, schockierte das Resultat ganz Österreich. Knapp drei Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland bekam die NSDAP in Innsbruck über 41% der Stimmen. Sofort danach verbot Kanzler Dollfuß alle weiteren demokratischen Wahlen im ganzen Bundesgebiet (die nächste freie Wahl – noch ohne Wahlrecht für NSDAP Mitglieder – fand dann erst wieder im November 1945 statt).
Die Ergebnisse der Nationalsozialistischen Partei wurden in den „Innsbrucker Nachrichten“ als Zeichen der Unterstützung aus der Redaktion fett gedruckt, auch wenn in einigen Sprengeln die Sozialdemokraten noch mehr Stimmen erhalten hatten. Wie bei allen Wahlen in der Zwischenkriegszeit wählten Männer und Frauen auf getrennten Stimmzetteln. Dies geschah zunächst, um (aus männlicher Perspektive) sicher zu gehen, dass die neu wahlberechtigten Frauen in ihrem Wahlverhalten genau beobachtet werden konnten. Nicht für viele Wahlen ist allerdings auch ein getrenntes Sprengel-Ergebnis publiziert worden. Auf den ersten Blick scheinen die Innsbrucker Frauen nicht mehr oder weniger Stimmen für die NSDAP abgegeben zu haben als die Männer.
Prozentergebnis Sozialdemokraten – NSDAP in Sprengeln im Vergleich:
Das beste Ergebnis erreichte die NSDAP im inneren Saggen (Sprengel 26), das beste Ergebnis der Sozialdemokraten kommt aus dem äußeren Pradl (Sprengel 32). Wenn Sie mit der Maus über die Balken fahren sehen Sie die genauen Zahlen.
Prozentergebnis der NSDAP getrennt nach Wählerinnen und Wählern in Sprengeln:
Für Sprengel 4 liegen die Ergebnisse nicht getrennt vor, im Sprengel 39 (der Klosterkaserne) wählten nur zwei Frauen, die allerdings der Volkspartei ihre Stimme gaben.
