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Die Dreifache Olympia

Die dreifache Olympia

Im Innsbrucker Fußball wird dieses Jahr mehrfach gefeiert. Wie sie Dank des werten Kollegen Niko Hofinger bereits wissen, beging der FC Wacker Innsbruck letztes Wochenende feierlich seinen 1000. 110. Geburtstag. Neben der beeindruckenden Zahl von 3600 Zuschauerinnen und Zuschauern ist vor allem das grandiose, augenscheinlich auf historischem Material basierende Transparent zur Vereinsgeschichte zu erwähnen, das auf der gesamten Länge der Nordtribüne aufgezogen wurde und auf youtube ausführlich studiert werden kann.

Wobei es kein Geheimnis ist, dass dieser Geburtstag nach wie vor auf einem Mysterium fusst. Zweifelsfrei belegt ist, dass ein FC Wacker ab Sommer 1914 sportlich in Innsbruck aktiv war, sich im Dezember 1914 gründete und Anfang 1915 von der Vereinsbehörde offiziell eingetragen wurde. Woher das Gründungsjahr 1913 kommt, ist nicht restlos geklärt. Mehrere Indizien deuten allerdings darauf hin, dass der FC Wacker Innsbruck aus einer 1913 erstmals aufgetretenen und 1914 wieder verschwundenen sogenannten „Jungmannschaft“ (Schüler, die zu jung waren, um offiziell einen Verein zu gründen) namens Olympia (die erste) hervorgegangen sein könnte.

Nicht einmal ein Jahrzehnt später trat erneut eine Olympia (die zweite) auf den Plan, die heuer als SK Wilten ihren 100. Geburtstag feiert. Auch hier kommt die Geschichte aber nicht ohne Mysterien aus: „1923 war die Geburtsstunde des Metallarbeitersportklub, doch bereits in den ersten Vereinsjahren wurde der Name auf Amateursportklub Olympia umbenannt,“ heißt es in der offiziellen Vereinsgeschichte. „Am 2. Juni 1934 erhielt der Verein, auf Antrag des langjährigen Obmannes Konrad Gruska seinen bis heute gültigen Namen: ‚Sportklub Wilten.'“

In der Innsbrucker Presse taucht jedoch der FC Olympia bereits vor 101 Jahren, am 4. Februar 2022, auf – indem lapidar auf eine „Versammlung im Vereinsheim“ hingewiesen wurde. Also nicht einmal eine Gründungsversammlung. Im Frühjahr desselben Jahres fanden Matches gegen die Jungmannschaft des Innsbrucker Turnvereins statt. (IN, 30.3.2022, S. 6) Also wieder eine Jungmannschaft? Dagegen spricht, dass man im März 1922 die Abhaltung einer „Jahreshauptversammlung“ ankündigte (IN, 4.3.1922, S. 7). Und dennoch spricht der Allgemeine Tiroler Anzeiger eineinhalb Jahre später vom „neugegründete[n] F. C. Olympia, der das erstemal an die Öffentlichkeit trat“ und sich „von den A. T. V.-Reserven eine 6-2-Niederlage gefallen lassen“ musste. (ATA, 3.9.1923, S. 7) Wie passt das zusammen? Wenige Wochen später ließ der – damals nicht in Wilten sondern in Mariahilf beheimatete – Verein übrigens verlautbaren, dass er seinen Namen von „Sportklub Olympia“ auf „Arbeitersportklub Olympia“ geändert habe. (IN, 3.10.1923, S. 6) Trotz „Klub“ mit „K“ firmierte man in Folge als AC, ASC und A. Sp. C. und AS Olympia.

Und der Metallarbeitersportklub? Den habe ich 1923 und auch danach (fast) vergeblich in den Zeitungen gesucht. Was durchaus damit zusammenhängen könnte, dass so ein 23-Buchstaben-Name enormes Fehlerpotenzial für Texterkennung und Volltextsuche birgt. Wäre da nicht eine Notiz in der sozialdemokratischen Volks-Zeitung vom 8. März 1930, der „die Gründungsversammlung des Metallarbeiter-Sportklubs“ ankündigte. Bereits vier Jahre später fiel der Verein dem Austrofaschismus zum Opfer und wurde behördlich aufgelöst. (IN, 7.4.1934, S. 13)

1934 war übrigens nicht das Jahr, in dem die zweite Olympia verschwand. Erst zwei Jahre später, am 5. März 1936 teilte der S. C. Olympia mit, „daß er seinen Namen in S. C. Wilten geändert hat“ (NB: SC, nicht SK). Schon vorher dürfte er das Arbeitersportklub zum Amateursportklub abgewandelt haben. Wiederum zwei Jahre später wurde der SC Wilten so wie die meisten anderen hiesigen Vereine aufgelöst, weil die NS-Machthaber das Innsbrucker Fußballgeschehen auf nur vier Vereine konzentrieren wollten (auf die zwei sportlich besten, den ISK und den IAC sowie die zwei ältesten, den SVI und den FCW). Der heutige Name „SK Wilten“ dürfte also der Wiedergründung nach dem zweiten Weltkrieg entstammen. Kuriosum am Rande: Im Innsbrucker Adressbuch von 1953 ist vom „Sportklub Wilten 1924“ die Rede, im Adressbuch vier Jahre später vom „Sportklub Wilten 1936„.

Damit fehlt nur noch die letzte Olympia (die dritte). Die könnte womöglich etwas mit dem Verschwinden der zweiten zu tun haben. Anfang April 1935 berichtete die „Neueste Sportzeitung“ über die bevorstehende Gründung eines Leichtathletikvereines namens „Olympischer Sportklub Innsbruck“. Gegen „dieses unschöne Sprachgemenge für einen deutschen Sportverein“ zog wenig später der Deutsche Sprachverein wortgewaltig ins Felde. (IN, 29.5.1935, S. 11). Der OSC ließ sich eine Erwiderung nicht nehmen (IN, 4.6.1935, S 7) und wies auch darauf hin, dass in den Zeitungen „immer wieder ein Name aufscheint, der an fremden Wortbestandteilen unseren noch in den Schat­ten stellt, nämlich ‚Amateur-Sportclub Olympia‘!“ Dies sei völlig unpassend, denn dabei „handelt es sich um Fußballer und Fußball wurde […] weder bei den alten Olympischen Spielen gespielt, noch steht es auf dem Plan der modernen.“ Ob die Argumente der Sprachschützen die Wiltener Olympia zur Umbenennung überzeugt haben? Oder ob sie einfach nicht mit den Leichtathleten verwechselt werden wollten? Ein weiteres Mysterium, das seiner Aufklärung harrt.

Den fußballerischen wie wintersportlichen Olympien, sowie einer Reihe anderer Facetten des Innsbrucker Sports widmet sich in knapp zwei Wochen eine Tagung, die von Universität Innsbruck und Stadtarchiv Innsbruck gemeinsam veranstaltet wird:

Sportstadt Innsbruck – Interdisziplinäre Perspektiven auf Sport und Gesellschaft. 16. und 17. November 2023, Ursulinensäle (Innrain 5-7). Die Teilnahme ist kostenfrei und ohne Voranmeldung möglich. (Programm)

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-30743). Welche beiden Teams sich auf unserem Titelbild gegenüberstanden und wann genau, ist übrigens auch ein Mysterium.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
  1. Dazu passt auch gut dieses seltene und aufschlussreiche Foto aus der Frühzeit des FC Wacker von 1920 samt Porträts und Namen einiger wichtiger Personen und Protagonisten, wie z.B. Alfred von Ferrari oder Max Mair.
    Man sieht auch sehr gut die damaligen hell und dunkel gestreiften Trikots.

    Auf dem Foto ist sogar das Stadtwappen von Innsbruck mitdargestellt. Wenn es in der Sammlung des Stadtarchivs noch fehlt, so wäre das Bild, welches jemand dankenswerterweise auf Wikipedia zur allgemeinen Verwendung eingestellt hat, bestimmt eine gute Ergänzung für die digitalen Bestände:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:FC_Wacker_Innsbruck_1920.jpg

  2. Eine kleine Ergänzung sei bitte erlaubt.
    Bereits 1903 gründete der Innsbrucker Turnverein eine Fußball Riege, aus der 1905 der erste Fußballverein Tirols „Fußball Innsbruck“ (heute Innsbrucker Sportverein) hervorging. 1910 wurde der „Tiroler Sportclub“ gegründet. Bis zum Kriegsbeginn entwickelte sich eine rege Spieltätigkeit beider Vereine, vor allem mit ausländischen Klubs. Wie bei allen anderen Sportarten bedeuteten die Kriegshandlungen auch das Ende der Fußballspiele für beinahe fünf Jahre.
    Am 5. September 1919 fand im Gasthof „Grauer Bär“ die Gründungsversammlung des Tiroler Fußballverbandes mit folgenden Mannschaften statt:
    Sportverein Innsbruck
    FC Wacker Innsbruck (Gründungsjahr 1913)
    FC Rapid Innsbruck (1922/23 fusioniert mit FC Wacker als FC Sturm)
    Innsbrucker Turnverein
    FC Veldidena
    ATVI (später IAC)
    FC Germania
    Das erste Spiel hatte schon am 23. März 1919 stattgefunden, wo bei sich der SVI und der FC Wacker gegenüberstanden.
    Meisterschaft 1920/21
    1. Innsbrucker Turnverein
    2. FC Wacker Innsbruck
    3. Innsbrucker Turnverein II
    4. FC Rapid Innsbruck
    5. FC Rapid Innsbruck II

    1. Lieber her Nendwich! Herzlichen Dank für dieses Grobgerüst zu den Anfängen des Innsbrucker Fußballs. Selbstverständlich ist diese Ergänzung erlaubt, es gäbe ja zu diesem Thema sicher noch vieles zu sagen…

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