Der verzauberte Schatz
Unter dem Titel „Frohe Fahrt ins Märchenland!“ erschien am 8. Dezember 1942 ein kurzer, speziell an Kinder gerichteter Artikel, der auf die Erstaufführung des Kinderstücks „Der verzauberte Schatz“ von Sigfried Färber am Tiroler Landestheater in Innsbruck hinwies:
„Liebe Kinder! Am Mittwoch, den 9, Dezember, um 14.30 Uhr, kommt der große Zauberer Hokuspokus ins Reichsgautheater und ihr, liebe Kinder, werdet ein neues Märchenspiel sehen, das heißt „Der verzauberte Schatz“. Da ist der Kasperl mit seinem Ritter Friedolin, der den Schatz zurückholen wird. Da ist aber auch ein böser Ritter mit seinem dummen Knappen. Da sind der König Ohnesorge, der Besitzer des Schatzes, und seine schöne Tochter und deren Freundin und der Minister des Königs mit dem Hofstaat und dem Hofgesinde und einem königlichen Herold. Auch der Wirt von der „Gebratenen Gans“ wird da sein. Dann erscheinen zwei lustige kleine Teufelchen und ein uraltes Moosweiblein. Eine schöne Musik wird dazu gemacht werden, zur der oft Elfen, Irrlichter und Teufel tanzen. Das Ganze spielt im schönen Märchenland und die schönsten Gegenden dort und die schönsten Schloßzimmer und den Märchenwald werdet ihr sehen. – Wer aber am Mittwoch nicht mehr ins Märchen hineinkommt, der soll nicht zu traurig sein, der Zauberer Hokuspokus und der Kasperl und alle die anderen kommen vor Weihnachten noch öfter wieder, schaut euch nur das schöne Bild in den Straßen an mit dem Kasperl und dem Teufelchen und dem verzauberten Schatz, da steht es drauf! – Und nun: Frohe Fahrt ins Märchenland!“
Beworben wurde die Aufführung mit dem oben abgebildeten Plakat. Das 60,8 x 43 Zentimeter große Werbemittel wurde von der Münchner Künstlerin Irma Siegert entworfen. Gedruckt wurde es von der Firma Gaudruck Tirol-Vorarlberg.
Ob die Veranstaltung den kleinen und großen BesucherInnen gefiel, ist leider nicht überliefert.
(Stadtarchiv Innsbruck, Pt-15)
Also, ich hätte ja schon allein vom Gesicht dieses Kasperls Alpträume bekommen. Jetzt wissen wir wenigstens, woher Stephen King die Inspiration für den Horroclown Pennywise in „Es“ genommen hat.
Ich werde die Designästhetik des 20. Jahrhunderts nie verstehen, egal ob 1940 oder 1980.
So hat er aber standardmäßig tatsächlich ausgesehen. Lange gekrümmte Nase wie ein Geierschnabel, Augen mit irrem Blick, fletschende Zähne, die Lachen andeuten sollten, und ein vorspringendes Kinn. Einfach Kasperlfigur antik googeln. Aber nicht um Mitternacht.
Auf dem Plakat wird dem armen Tuifl, zusammen mit dem Krokodil der Standardbösewicht, schon ganz bang.
Ebenso Standard war das rituelle Wegdrehen der Kasperlfigur von der Gefahr (Kinderrufe „Kasperl, das Krokodil! Das Krokodiiiiil!“ „Wo?“ „Hinter Diiiiir!!“ „I seh nix!“ Kreischen der Kinder, die emotional voll mitmachten…Traumatisch-seelische Verbiegungen würde man heute befürchten. Es sollte für meine Generation Kasperlkinderschreckkompensationsgeld geben. Rauhe Kinderzeit. Aber man konnte beruhigt sein: Selbst schon halb im Rachen des Krokos oder in den Klauen des Tuifls fiel ihm immer was ein, um sich herauszuwinden. Schlimmstenfalls mit der Keule. Ebenfalls Standardausstattung-
Ich erinnere mich an ein Kasperltheater, das – 1.Hälfte der 50-er Jahre – im hintenhinaus halb bombenzerstörten Haus Maria Theresien Straße 37, neben dem Taxispalais, im 1.Stock stattfand.
Ein trostloses „Ambiente“…
Aber – die Familie, welche das aufführte, hatte die paarmal, die ich dahin mitmußte (mein Bruder war Jahrgang 1947!), die hatte, soviel ich mich erinnern kann, durchaus ihr Stammpublikum, das einigermaßen durchaus mittat.
Waren am Ende gar Sie auch dabei, Herr Hirsch? Oder waren Sie auf andere Spielstätten „abonniert“?