Der unbekannte Rahner (Die Gebrüder Rahner Teil 1)
Vorweg keine Sorge, obwohl die Protagonisten dieser Reihe anerkannte Theologen und Jesuiten waren, wird es nicht allzu theologisch werden.
Fällt der Name Rahner kommt den Innsbrucker*innen unter uns vermutlich als Erstes der sogenannte Karl-Rahner-Platz in den Sinn – dieser gepflasterte Platz vor der Jesuitenkirche bzw. der Theologischen Fakultät in der Universitätsstraße. Darüber hinaus mag dem einen oder der anderen sein Namensgeber, Karl Rahner SJ, im Zusammenhang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) etwas sagen.
Doch wie schaut es mit P. Hugo Rahner SJ aus? Kommt Ihnen dieser Name auch bekannt vor?
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass, obwohl Karl Rahner in nahezu jeder theologischen Vorlesung zumindest einmal erwähnt wird und somit kein*e Theologiestudent*in um ihn herumkommt, ich Hugo Rahner bis letzte Woche nicht kannte. Da auch auf innsbruck-erinnert noch nichts über die Beiden zu lesen war, ergriff ich die Gelegenheit und vielleicht entschlüpft ja dem einen oder der anderen von Ihnen ein: „Ahh, das habe ich nicht gewusst“ 😉
Wie der Titel bereits einleitet beginne ich mit dem „unbekannten Rahner“.
Hugo ist der ältere der beiden Rahnerbrüder und wurde 1900 in Deutschland geboren. Bereits 1919 trat er in den Orden der Gesellschaft Jesu ein und studierte von 1926 bis 1930 in Innsbruck Theologie. Vom Orden zu einer wissenschaftlichen Laufbahn berufen, vertiefte er seine Studien in Bonn, worauf 1935 seine Habilitation in den Fächern Patrologie (Lehre der Kirchenväter) und Kirchengeschichte folgte und erhielt 1937 neben diesen auch die ordentliche Professur für die Dogmengeschichte.
Mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten im März 1938 wurde die Theologische Fakultät geschlossen und das Personal fristlos entlassen. Gemeinsam mit einigen seiner Kollegen und einer kleinen Hörerschaft ging Hugo Rahner in das Rumpf-Canisianum in der Schweiz. Er selbst bezeichnet seine Zeit im Exil als die schönste seines Lebens und verfasste in dieser Zeit ein paar seiner bekanntesten Werke, wie zB. „Abendländische Kirchenfreiheit“ oder „Mater Ecclesia“.
Am 06. Oktober 1945 wurde die Theologische Fakultät an der Leopold-Franzens-Universität wieder eröffnet mit Hugo Rahner als ersten Dekan. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Karl und Josef Andreas Jungmann führten sie die Fakultät zu einer neuen Blütezeit.
P. Hugo Rahner war nicht nur ein profunder Kenner der Patristik und Kirchengeschichte, auch Ignatianischer Spiritualität, sondern auch ein glänzender Redner und hervorragender Professor. Jede seiner Vorlesungen war ein Erlebnis, das den Hörern neue Aspekte und Horizonte geschichtlichen Verstehens und christlichen Glaubens erschließen konnte.
E. Coreth, Das Jesuitenkolleg Innsbruck
Die häufigen Redeauftritte von Hugo Rahner bei den verschiedensten Veranstaltungen auch außerhalb der Universität bestätigen Coreth. Anders als bei seinem jüngeren Bruder sind uns von seinen Reden leider keine Videoaufzeichnungen vorhanden. Wer dennoch einen Eindruck von Hugo Rahners rhetorischem Können bekommen möchte, dem kann ich seine Antrittsrede zur Inauguration zum Rector magnificus des Studienjahres 1949/50 empfehlen – natürlich bei uns im Stadtarchiv zu finden (C-4584). Nach diesem einen Jahr als Rektor der Universität wurde er bis 1956 erneut Rektor des Canisianums in Innsbruck.
Wenige Wochen nach seinem 60. Geburtstag traten erste Symptome von Parkinson auf, die 1962 zu seiner frühzeitigen Emeritierung führten. In den verbleibenden sechs Jahren bis zu seinem Tod gab er mithilfe seines Sekretärs, Rudolf Fröhlich, nur noch Sammelbände zu seinen Forschungen heraus, sodass es um seine Person herum sehr ruhig wurde.
In seinem Werk „Erinnerungen an Hugo Rahner“ beschrieb Fröhlich, dass jener das Zweite Vatikanische Konzil, welches Hugo immerhin durch seine Abendlandforschung inspirierte, „nur aus der Ferne beobachten konnte und erlebte, wie der Stern seines jüngeren Bruders‚ ‚allmählich heller strahlte als sein eigener.‘“
Am 21. Dezember 1968 starb P. Hugo Rahner SJ schließlich und wurde in München beigesetzt.
Im Titelbild können Sie P. Hugo Rahner SJ (Bildmitte) als Ehrengast der Ausstellung „Gold und Silber. Kunstschätze aus Tirol“ im Jahr 1961 sehen.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum, Ph-34738)
Quelle: Holdt Johannes, Hugo Rahner sein geschichts- und symboltheologisches Denken, München 1997.
Autorin: Mara Schaiter