Der Säbel des Gendarmen
In unserer nun durch den vierten Lockdown für einige Wochen nicht zugänglichen Ausstellung zu Innsbrucker Lokal-Geschichten hängt eine Waffe, von deren Bedeutung uns Herr Peter Riedmann erzählt hat. Sein Großvater hat – so die Familienlegende – mit diesem Säbel einen scharfen Hund abgewehrt, als er am 27. Mai 1932 als diensthabender Gendarm in Hötting mitten in die berühmt-berüchtigte Saalschlacht im Gasthof zum Goldenen Bären hineingerufen wurde. Zur Geschichte dieses Abends kann man hier einiges nachlesen. Heute steht die Parte von Peter Riedmann in der Tiroler Tageszeitung; wir danken dem Leihgeber für seine Großzügigkeit und sprechen der Trauerfamilie unser Beileid aus.
Mag. Peter Riedmann war ein origineller Geist. Der Autor dieser Zeilen kannte ihn vor dem Juni dieses Jahres nicht aber wollte den Bildnachweisen der Autoren Andreas Rauchegger und Ingo Schönpflug, die ein ganzes spannendes Buch über den Gasthof zum Goldenen Bären in Hötting verfasst haben, nachspüren. Da keine E-mailadresse und Telefonnummer bekannt war, rief ich den ersten Peter Riedmann im Telefonbuch an, bereits ahnend, es könnte ein anderer Träger dieses Namens sein. Das war auch richtig, aber da sich die Wege der beiden Peter Riedmanns im überschaubaren Innsbruck immer wieder gekreuzt hatten, wußte der „falsche“ P.R., wo der „richtige“ wohnte: Beim Rapoldipark. Mit ein paar Interviews von Hausmeisterinnen und Blumengießenden hatte ich mich am nächsten Tag zur richtigen Adresse vorgearbeitet. Nach eindringlichem Läuten an der Haus-Klingel erschien der Gesuchte auf seinem Balkon im zweiten Stock. Ich rief hinauf und bat um Einlass. Es geschah jedoch nichts. Ich wartete zehn Minuten und läutete erneut. Wieder erschien Peter Riedmann auf seinem Balkon und ich bat um Einlass. Der Türöffner surrte und der von mir unangemeldet Heimgesuchte öffnete die Haustür mit der Entschuldigung, dass er gelegentlich Dinge und Erledigungen rasch wieder vergesse. Ich war eigentlich auf der Suche nach Fotos der zerstörten Gaststube, aber Peter Riedmann hatte über diese Bilder hinaus eben auch seine ganze Recherche-Geschichte zur Höttinger Saalschlacht und viel von seinem Großvater Ferdinand Wiesinger, dem Höttinger Gendarmen, zu erzählen. Als Ausstellungsmacher ist man ja immer auf der Suche nach außergewöhnlichen und, besonders wenn die Geschichte selbst eigentlich schon bekannt ist, unbekannten Objekten – und das war dieser Säbel natürlich. Ein metallener Zeitzeuge hing im Wohnzimmer von Peter Riedmann an der Wand. Nach einer halben Stunde Plaudern, Austausch über gemeinsame Bekannte und Verwandte, biographischen Anekdoten zur schwierigen Integration von sozialdemokratisch gesinnten jungen Menschen in die jesuitische Welt der MK bis zum damit begründeten Hinauswurf unter Pater Grimeisen in den 1950er Jahren hatten wir ein wenig die Scheu abgelegt und ich bat um das Exponat für die Ausstellung. Jetzt hängt der Säbel dort, und es tut mir aufrichtig leid, dass ich Peter Riedmann seinen Säbel am Ende der Ausstellung nicht persönlich zurückgeben kann. Zum Glück hat er ein paar seiner abenteuerlichsten Geschichten in seiner gestochen schönen Handschrift festgehalten… von einer weiteren davon werden wir bald hier lesen.