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Der Quasi-Bürgermeister – Teil 3

Der Quasi-Bürgermeister – Teil 3

Im Juli 1945 hatte Hannes Hundegger die Leitung der Dienst- bzw. Außenstelle Igls-Vill übernommen. Mit großem Eifer stürzte er sich in die Amtsgeschäfte. Zu seinen Aufgaben gehörte die Ausstellung von Meldezetteln (was keine einfache Aufgabe war, war doch die Meldekartei von Igls bei einem Bombenangriff vernichtet worden), die Zuteilung von Wohnungen (er führte das Wohnungsreferat für Igls), der Verkehr mit den französischen Besatzungstruppen, die Funktion des Wahlleiters im Sprengel 51 bei den ersten Nationalrats- und Landtagswahlen nach dem Krieg und vieles mehr.

Auch um die Instandsetzung und Verschönerung von Igls bemühte sich Hundegger. Diesen Bemühungen waren jedoch angesichts der großen Not enge Grenzen gesetzt, wie aus einem Schreiben an den Innsbrucker Verschönerungsverein vom 23. September 1946 hervorgeht:

„Wir wissen ja selbst nur zu gut, dass in Igls viel viel [sic] Arbeit zu leisten ist, bis wir wieder soweit sind, dass wir von einem gepflegten, sauberen Ort sprechen können, aber die Kriegsjahre und die Zeit nachher sind auch in Igls nicht spurlos vorübergegangen. Mit viel Fleiss und Liebe war es uns möglich, im heurigen Jahr so manchen Übelstande zu beheben oder mindestens zu verbessern. Von einer grosszügigen Inangriffnahme der Verschönerung des Ortes haben wir aber absichtlich Abstand genommen, da wir merken mussten, dass einem Grossteil der Bevölkerung Sinn und Verständnis für Sauberkeit und muss es leider sagen, für Zivilisation abhanden gekommen ist. So wurden z.B. von einem Igler junge Leute gesehen, die mit Säge und Hacke eine vom Verschönerungsverein aufgestellte Bank zu Brennholz verarbeiteten und in Rucksäcken weglieferten. […] Der Girglwald wurde im Laufe des Sommers mehrmals von Unrat gesäubert. Besonders übel bemerkbar macht sich die schlechte Bedachung der Polizeibaracke. Jedesmal nach Föhn liegen Dutzende von Pappstücken über den ganzen Platz verstreut und müssen mühsam zusammengelesen werden. Der Unrat, der hinter dem Kurhaus liegt, war über den ganzen Girgl verstreut. Wir liessen ihn auf diesen Haufen zusammenräumen und scheiterte die Abfuhr bisher lediglich am Mangel von Transportmitteln. Die Instandsetzung der Strassen, die Kanalisation und zwei Bauten in Igls haben sämtliche Fuhrwerke derart in Anspruch genommen, dass es nur mit größter Schwierigkeit möglich war, die so wichtige Mullabfuhr halbwegs klaglos durchzuführen“, so Hundegger.

Aber auch die mitunter prekäre Sicherheitslage in Igls und Vill beschäftigte ihn. So beantrage er bereits Ende Juli 1945 die Einstellung von Flurwächtern, um den „zahlreichen Flurdiebstählen“ entgegenzuwirken. Und für sich selbst beantragte er im Mai 1946 beim Kommando der französischen Gendarmerie einen Waffenpass. In seiner diesbezüglichen Eingabe heißt es:

„Die in den letzten Monaten in Igls begangenen Einbrüche lassen darauf schliessen, dass die Täter im Besitz von Feuerwaffen sind, sonst wäre es wohl nicht möglich, dass die Einbrüche mit solcher Unverfrorenheit durchgeführt wurden. Nachdem unser Häuschen ausserhalb des Ortes liegt und bei nochmaligen Einbruch, mit dem ev. zu rechnen ist, die Täter doch unbedingt dingfest gemacht werden sollen, bitte ich um einen Waffenpass, der mir gestattet, eine Feuerwaffe zu tragen. Ich würde mich mit der Bundespolizeidirektion Innsbruck in Verbindung setzen, um eine Pistole leihweise zu bekommen.“

Ob die französische Gendarmerie diesem Wunsch entsprochen hat, ist nicht überliefert, darf aber wohl bezweifelt werden …

Gewiss ist aber, dass Hannes Hundegger die Interessen von Igls und Vill mit großem Engagement vertrat. Bald war er für viele Igler und Viller ihr „Quasi-Bürgermeister“. Und in den Zuschriften, die ihn in der Magistratsaußenstelle erreichten, wurde er nicht selten als Bürgermeister tituliert …

(StAI, Stadtmagistrat Innsbruck, Außenstelle Igls Akten 1945/46 / Ph-8194)

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