Der meistphotographierte Österreicher
Beim Ordnen eines Nachlasses bin ich vor kurzem über einen ausgeschnittenen Zeitungsartikel mit dem Titel „Der meistphotographierte Österreicher“ gestolpert. Der Artikel war allerdings leider nur teilweise ausgeschnitten: Man konnte nur das Foto und einen Teil des Textes lesen, das Datum war nicht verzeichnet, lediglich die Nummer (134) war zu lesen. Entsprechend neugierig begab ich mich daher auf die Suche nach dem Rest des Artikels: ANNO war keine Hilfe, so musste ich notgedrungen in den Keller des Stadtarchivs und wurde dort rasch fündig: in der Tiroler Tageszeitung vom 15. Juni 1953 fand sich der Artikel und damit der Rest der Lebensgeschichte von Franz Steinbacher – dem meistphotographierten Österreich!
Das Urteil erschien mir indes etwas zu hochgegriffen, dennoch staunte ich nicht schlecht, als auch unsere Archivdatenbank fünf verschiedene Fotos von Steinbacher verzeichnete, die in unterschiedlichen Abzügen im Archiv zu finden sind. Vielleicht war das Urteil ja doch nicht so falsch.
Eines dieser Bilder sehen Sie als Titelbild, das Steinbacher noch in jüngeren Jahren zeigt, der Bart noch nicht ergraut, ansonsten hatte sich aber offenbar nicht viel verändert: Pfeife, Hut und Lederhose waren noch immer dabei. Vielleicht ist dieses und andere Bilder im Archiv im Umfeld des im Artikel angesprochenen Jubiläumsumzugs 1909 entstanden, an dem sich auch Steinbacher beteiligte und im Zuge dessen er offenbar auch Kaiser Franz Joseph begegnet war. So liest man es zumindest im Artikel. Auf Bildern dieser Festumzugs konnte ich ihn nicht finden, da gab es einfach zu viele Männer mit beeindruckenden Bärten.
Aber lesen Sie nun selbst die faszinierende Geschichte von Franz Steinbacher:
Wie im Artikel angesprochen war Steinbacher nicht nur Foto-, sondern auch „Filmstar“. Im Bild unten sieht man ihn, als er bei der Eröffnung der Großglockner-Hochalpenstraße im August 1935 vom Filmteam der Wochenschau in Großaufnahme eingefangen wurde.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum PH-Pl-557; Tiroler Tageszeitung, 15. Juni 1953)
So sieht wirklich jeder Tiroler aus… 🙂
Das dahinterstehende Schicksal ist berührend. Wie stolz müssen die Altösterreicher auf ihren Kaiser gewesen sein, heute unvorstellbar.
Ich kenne da mehrere Fotos von der Triumphpforte, auf denen ist ein Straßenkehrer ähnlichen Aussehens verewigt. Nachdem dieser Beruf in seiner Lebensbeschreibung nicht vorkommt, muß es einen Nachahmer oder – positiver – Gesinnungsbruder gegeben haben. Ich wußte auch einmal seinen Namen, wahrscheinlich aus einem der Bändchen der „Stadtteilveröffentlichungen“.
Im ersten Moment habe ich auch an diesen Straßenkehrer gedacht. Sein Name war Anton Hotter. Mehr in diesem Beitrag:
https://innsbruck-erinnert.at/als-strassenkehrer-eine-beruehmtheit/
Kaiser Franz Joseph ist 1909 sehr vielen Personen begegnet. In den Innsbrucker Nachrichten sind teilweise auch die Worte seiner Majestät überliefert. Zu meinem Ururgroßonkel Lorenz Neurauter, Gemeinderat von Innsbruck, sprach der Kaiser damals die Worte: „Alle Tage am Schießstand Dienst machen ist sehr mühsam.“
Die Anhänglichkeit an den Kaiser und der Patriotismus ging teilweise soweit, dass manche Innsbrucker ihre Zinshäuser verkauften, um Kriegsanleihen zu zeichnen. Die Häuser stehen heute noch, aber die wertlosen Kriegsanleihen konnte man nur noch im Ofen verheizen.
Wenn jemand so lange Haare und so einen langen Bart hatte, sagte man früher die Redensart, er schaut aus „wias Pfeifer Huisile zu Mathuis“!
Der 21. September ist der Tag des Heiligen Matthäus, an diesem Tag kommen die Senner ins Tal zurück. Nachdem sie den ganzen Almsommer nicht beim Friseur sein konnten, hatten sie dann oft so lange Haare wie auf dem Foto. Das Pfeifer Huisile war ein sagenhafter Hexenmeister aus Südtirol.