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Der Historikerklub

Der Historikerklub

Vor kurzem erst habe ich an dieser Stelle über die Versammlung deutscher Historiker in Innsbruck 1896 geschrieben. Aus diesem Anlass soll hier auch an eine Vereinigung erinnert werden, die seit Ende des 19. Jahrhunderts ein Sammelort für junge Historiker – später auch Historikerinnen – war, nämlich den Akademischen Historikerklub.

Der Klub wurde 1872 von einigen Studenten gegründet. Ziel war dabei nicht nur ein geselliges Beisammensein, was bei Studenten nie fehlen durfte, sondern der Klub verfolgte durchaus auch wissenschaftliche Ziele. Bei den Treffen des Klubs war jeweils ein Mitglied aufgefordert, einen kurzen Vortrag über ein Thema zu halten, der dann von den übrigen Mitgliedern diskutiert wurde. Somit bot der Klub den Mitgliedern die Möglichkeit, auch außerhalb der Universität und in einem etwas ungezwungenerem Rahmen ihre Forschungen zu präsentieren und die Kompetenzen für die Präsentation und die Diskussion der eigenen Arbeiten zu verbessern. Nach diesen offiziellen Teilen folgte stets noch ein gemütlicher Teil, wobei es durchaus zupass kam, dass die Klubabende in verschiedenen Gasthäusern Innsbrucks stattfanden.

Der Klub war mit diesem Konzept sehr erfolgreich. Er verzeichnete jährlich Zulauf an neuen Mitglieder. Auch ehemalige Studenten blieben dem Klub als Alte Herren erhalten. Im Jahr 1898 feierte er sein 25jähriges Bestehen mit der Herausgabe einer Festschrift, in der alle Mitglieder seit der Gründung verzeichnet waren. Diese Mitgliederliste sich dabei wie ein Who-is-who der Tiroler Geschichtswissenschaft. Ein Jahrzehnt später entstand dann das Titelbild des Beitrags, das die damaligen Mitglieder zeigt, darunter bekannte Namen wie Richard Heuberger, damals noch als Student, oder Hans Voltelini, der 1908 kurz vor seiner Rückkehr an die Universität Wien stand. Es ist daher durchaus möglich, dass das Bild im Rahmen von dessen Verabschiedung entstand. Weitere Mitglieder sind mit Namen verzeichnet und die Leser*innen kennen sicherlich den einen oder anderen der Abgebildeten.

Der Klub bestand auch nach dem Ersten Weltkrieg weiter. Im Jahr 1919 wurden, wenngleich nach gewissem Widerstand, erstmals und nur als außerordentliche Mitglieder Frauen in den Klub aufgenommen. Erst Mitte der 1920er Jahre konnten sie ordentliche Mitglieder werden. Wenige Jahre später feierte der Klub im akademischen Jahr 1922/23 sein 50-jähriges Bestehen, ebenfalls mit der Herausgabe einer Festschrift, für die der damalige Obmann und nachmals bekannte Historiker Hugo Hantsch verantwortlich zeichnete. Der Band enthält Beiträge der damals in Innsbruck lehrenden Historiker und ist darüber hinaus ein interessantes Zeitdokument zur Stimmung an der Universität in der Zwischenkriegszeit.

Im Februar 1938 löste sich der Klub selbst auf. Grund dafür war eine gesetzliche Anordnung gewesen, dass alle fachwissenschaftlichen Vereine in Fachschaften umzuwandeln waren, was die Alten Herren ausgeschlossen hätte. Die Bibliothek, die der Verein über Jahrzehnte aufgebaut hatte, fiel damals dem Historischen Seminar und in der Folge der Universitäts- und Landesbibliothek zu, sodass man auch heute noch manchmal, wenn man ein älteres Buch entlehnt, darin den Stempel des Historikerklubs entdecken kann. So lebt der Verein, wenngleich längst aufgelöst, auf diesem Weg doch gewissermaßen fort.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Ph-G-26026)

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare
    1. Lieber Herr Auer,

      tatsächlich ist der hier abgebildete ‚Dörrer‘ nicht Anton Dörrer, der Volkskundler und spätere Direktor der ULB, sondern dessen Bruder Karl Dörrer, der Historiker war und am Landesregierungsarchiv (Tiroler Landesarchiv) tätig war. Karl Dörrer war nach dem Zweiten Weltkrieg für wenige Jahre auch Direktor dieses Archivs.

      Die übrigen hier abgebildeten Historiker bzw. angehenden Historiker, waren nach ihrer Ausbildung meist als Lehrer tätig und dabei – nicht unüblich für die Habsburgermonarchie- über das ganze Reich verstreut.

      1. Sehr interessant! Laut einem Aufsatz von Hans Kramer mit dem Titel „Über die Tiroler Geschichtsforschung und -schreibung“ waren die Direktoren des Landesarchivs waren nacheinander: David v. Schönherr, Michael Mayr, Karl Klaar, Karl Moeser, Otto Stolz, Karl Dörrer, Hans Bachmann, Eduard Widmoser, Fridolin Dörrer.
        Der Wikipedia-Artikel über Anton Dörrer scheint in diesem Punkt in der Tat zu irren und die Lebensläufe der beiden Brüder zu vermischen, weil er Anton Dörrer als Archivdirektor erwähnt.

  1. Ja, hier irren die AutorInnen von Wikipedia. Mir ist das davor gar nicht aufgefallen auf der Seite von Wikipedia. Ich habe dort die Änderungen vorgeschlagen, mal sehen, wann sich ein Editor dort darum kümmert.
    Fridolin Dörrer war im Übrigen der Sohn von Anton und der Neffe von Karl Dörrer.

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