„Der ausgezeichnet gute Geist der hiesigen Bürgerschaft“
Mein Kollege Matthias Egger hat hier erst kürzlich auf den etwas anderen Verlauf des Revolutionsjahres 1848 in Innsbruck verwiesen. Während man in Wien im März 1848 auf die Barrikaden stieg, feierten die Bewohner*innen von Innsbruck das Versprechen Kaiser Ferdinands eine Verfassung zu erlassen und huldigten ihm dafür, dass er einige bürgerliche Rechte und Freiheiten gnädigst gewährt hatte. Als im Mai die Wogen in Wien neuerlich hochgingen, floh die Kaiserliche Familie daher ins beschauliche Innsbruck, wo man die Hoheiten am Abend des 19. Mai mit offenen Armen freudig aufnahm und so gleichzeitig das Bild vom wehrhaften und treuen Tirol befeuern und sich vom revolutionären Wien abgrenzen konnte.
„Seine Majestät der Kaiser soll in Seinem treuen Tirol Ruhe haben und der Art geschützt werden, daß kein solcher menschlicher Teufel über die Gränze kommen kann.“
(Bote für Tirol und Vorarlberg, 27. Mai 1848)
Dies ließ der Bote für Tirol den Bewohner*innen Wiens bzw. der akademischen Legion ausrichten, die den Kaiser zur Rückkehr nach Wien aufgefordert hatten. Die Aussage bezeichnet auch ganz gut die Stimmung im Land nach der Ankunft des Kaisers. Auch Gouverneur Clemens Graf Brandis versicherte dem Minister des Inneren am 23. Mai,
„daß für die Sicherheit der allerhöchsten Personen nicht der ernsthafteste Grund auch nur des leisesten Besorgnisses vorhanden ist, indem 800.000 treuergebene Tiroler für dieselben mit ihrem Gut und Blut einstehen und unablässig machen.“
(Abgedruckt im Boten für Tirol und Vorarlberg, 1. Juni 1848)
Die knapp drei Monate, die der Kaiser in Innsbruck weilte, bedeuteten eine Zeit des Ausnahmezustandes für die Stadt, denn der Kaiser reiste schließlich nicht allein, mit ihm war ein Teil seiner Familie und des Hofstaates nach Innsbruck gekommen. Nach und nach trafen zudem Diplomaten aus dem Ausland und Delegationen aus der gesamten Habsburgermonarchie in Innsbruck ein, um beim Kaiser und dessen Berater vorzusprechen. Schützenkompanien aus der Umgebung von Innsbruck wechselten sich bei Burgwache ab und der Wachwechsel geriet zum täglichen Spektakel. Dazu kamen Schaulustige und Neugierige, die erhofften einen Blick auf den Kaiser erhaschen oder wenigstens einen Erzherzog oder eine Erzherzogin bei einem Ausflug oder Spaziergang erspähen zu können. Für die Innsbrucker Handwerker und Gastwirte bedeutete dies natürlich ein enormes Geschäft. Die Obrigkeiten blieben bei all dem Freudentaumel allerdings stets auf der Hut, und daher ermahnte der Innsbrucker Polizeidirektor Karl von Noé Nordberg die Bewohner*innen von Innsbruck, insbesondere aber die Gastwirte und Vermieterinnen alle „ankommenden Fremden“ ohne Verzug den Behörden zu melden.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum VO-963)
PS: Im kommenden Heft von Innsbruck informiert werden Sie weitere Einblicke in den Aufenthalt der kaiserlichen Familie von Matthias Egger und mir erhalten.