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Das Schweigen Des Waldes

Das Schweigen des Waldes

„Die Porträtkunst ist die elendste Gattung der Malerei, weil bei ihr der Künstler am meisten gebunden ist.“

– Arnold Böcklin: Waetzold 19. Jahrhundert

Wenn man heutzutage den in Watte gepackten und von Medien geprägten Kindern dieses Einhorn vorlegen würde, hätten sie wahrscheinlich ein Leben lang einen Dachschaden davongetragen.

Aber auch die Dame von ~1896 war ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen ebenfalls nicht sehr begeistert auf dem „halb-hinign“ Esel aus der Nachbarschaft durch den dicht bewachsen Wald zu traben.

Nichtsdestotrotz find ich dieses und weitere Bilder von Böcklin auf bizarre Art und Weise sehr ansprechen und hoffe Sie ebenfalls.


Verfasser: Jautz Jonathan
Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck
Postkarte, ~1925-1935, Signatur: sommer49_013, Suchtermini: Das Schweigen des Waldes; Arnold Böcklin

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare
  1. Dieses Gemälde hat den Schriftsteller Ludwig Ganghofer zum seinerzeit sehr bekannten Roman „Das Schweigen im Walde“ inspiriert, welcher in Tirol rund um Ehrwald, Leutasch und im Gaistal spielt.

    Der Hauptprotagonist Fürst Heinrich „Heinz“ von Ettingen-Bernegg schwärmt über dieses Bild:

    „Ettingen rückte das Bild gegen das Fenster, damit es in besserm Lichte stünde. Dabei sah er nicht, daß über Lolos Züge ein Schatten von Wehmut ging, als hätte der Anblick des Bildes eine schmerzliche Erinnerung in ihr geweckt.

    »Sehen Sie, Fräulein: ein Bild, das ich liebe! Das Schweigen im Walde, von Meister Böcklin.«

    Lo nickte.

    »Nicht wahr, ein herrliches Bild? Wie das redet in seiner Ruhe, in der Fülle seiner stummen Gedanken!«

    »Ja! Das Kunstwerk eines Meisters, der nicht nur zeigen will, der auch viel zu sagen hat.«

    »Und wie wenig er braucht, um viel zu sagen! Ein paar Baumstämme, fast ohne Äste. Und dennoch glaubt man den ganzen, tiefen, vielhundertjährigen Wald zu sehen.

    Und dieser Gegensatz der Beleuchtung: hier im Wald das Dunkel das Abends, fast schon die Nacht, und draußen in der Ferne noch der leuchtende Himmel. Und die kleinen und scheuen Lichter, die von draußen hereinschleichen durch die dichten Zweige. Sind sie nicht wie sehnsüchtige Träume? Wie die Wünsche eines Menschen, der das grelle Licht und den wirren, schmerzenden Lärm des Tages satt bekam und nach Frieden verlangt, nach Ruhe, nach stiller Schönheit? Und wie reichlich der Wald das alles gibt! Ich hab es erlebt an mir selbst! Dieses Schweigen im Walde, wenn draußen der Tag versinkt – wie das heilt! Wie das beruhigt! Wie schön das ist! Man hört keinen Laut. Dennoch fühlt man, als hätte dieses Schweigen hundert Stimmen. Jede redet zu uns und sagt uns ein neues Wort. Wie muß der Künstler allen Zauber der Waldstille empfunden haben, um ihn so überzeugend zu verkörpern: in der ernsten Schönheit dieser Waldfee, die auf dem Einhorn reitet! Hat dieses Tier nicht etwas Urweltliches an sich? Geradeso wie der Wald, wie alles Werden und Wandern in der Natur? Und sehen Sie nur: wie dieses Horchen auf das Ewige, dieses träumende Märchenlauschen aus den schönen Augen der Waldfrau redet!«“

  2. Arnold Böcklin hat mit diesem Bild in der Tat ein großes und sehr tiefsinniges Kunstwerk geschaffen. Der künstlerische Wert liegt gerade auch darin, dass Böcklin eben nicht eine Bilderbuch-Märchenprinzessin auf einem perfekt geschniegelten und gestriegelten Einhorn malerisch darstellt, sondern eine faszinierend fremdartige und mystische Figurenwelt erschafft.

    Die Tiefgründigkeit des Bildes erschließt sich erst auf den zweiten und dritten Blick. Arnold Böcklin malte das Motiv in verschiedenen Varianten, eines der Originale befindet sich heute im Bestand des Nationalmuseums in Posen (Muzeum Narodowe w Poznaniu).

    Der „Bote aus Mistelbach“ vom 17. April 1908 schreibt sehr treffend:
    „Wer hat es je gesehen,
    das Bild des großen Romantikers Arnold
    Böcklin: „Das Schweigen im Walde“, wer hat
    es gesehen, ohne beim ersten Blick über die
    verrückte Idee zu lachen? Und dann, beim
    zweiten Blick, dieses Lachen dem Künstler
    abzubitten?“

    1. Jedenfalls haben Sie mir mit dem Hinweis auf Magritte – und bei der Suche danach mit den zahllosen daherpurzelnden Vexierbildern einen gruselig-schön unterhaltsamen Abend bereitet!

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