Café Jägerheim. Und?
Heute beschäftigt uns die Frage nach einem verschollenen Gasthaus. Meistens ist es eher umgekehrt. Es verschwinden Menschen in Gasthäusern und werden danach lange Zeit nicht gesehen. Kehren sie zurück schauen sie aus wie eine Leiche. Sagt man.
Wir suchen das Café Jägerheim. Wir wissen davon eigentlich (fast) nichts. Laut Walder-Gottsbacher eröffnet Alois von Bruni kurz nach der Jahrhundertwende das Café in der Weiherburggasse 12. Laut Adressbüchern ist er bis 1905 als Wirtspächter und Hausbesitzer geführt. Danach bis 1913 nur mehr als Hausbesitzer. Laut Walder-Gottsbacher wird Bruni ab 1913 Wirtspächter im Schloss Weiherburg. Wenn ich das Buch weiter zitieren darf: „und Josef Koassat neuer Besitzer, ein Jahr darauf Felix und Kathi Dollinger, die das Kaffee bis 1921 führen, wo es dann in das Eigentum des Wiener Großkaufmanns Viktor Falkenstein übergeht.“ Ich nehme an, dass sich der Text nicht auf die Weiherburg, sondern auf das „Jägerheim“ bezieht.
Anhand der Adressbücher habe ich das nicht verifizieren können.
Die erste Nennung eines „Jägerheim“ findet sich übrigens bereits in den Innsbrucker Nachrichten vom 8. August 1892 auf Seite 7. Wenn es unser „Jägerheim“ ist, dann macht es die Sache auch nicht einfacher. Immerhin ist das etwa 10 Jahre vor der vermuteten Gründung.
Ein Teil der Lösung oder ein Schritt in die endgültige Verwirrung ist folgendes Inserat:
Und noch ein Kleinigkeit: Zumindest heute gibt es die Adresse Weiherburggasse 12 nicht mehr.
Da ist also Einiges in die richtige Ordnung zu bringen.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck; Ph-7193)
Lt. Peter Helfers Häusermeer existierte die Adresse Weiherburggasse 12 bis 1921. Danach – jedenfalls ab 1924 – war es HNr. 29 und dann, ab 1935, HNr. 35. Weiherburggasse Nr. 35 gibt es heute noch (zumindest ist es auf Street View noch im November 2022 zu sehen) und das Haus sieht dem Jägerheim vom Titelbild sehr, sehr ähnlich:
https://www.google.at/maps/@47.2802625,11.3977032,3a,75y,288.1h,89.12t/data=!3m7!1e1!3m5!1sjUkCwG4YrJ5U0tiJiCD5iA!2e0!6shttps:%2F%2Fstreetviewpixels-pa.googleapis.com%2Fv1%2Fthumbnail%3Fcb_client%3Dmaps_sv.tactile%26w%3D900%26h%3D600%26pitch%3D0.8799999999999955%26panoid%3DjUkCwG4YrJ5U0tiJiCD5iA%26yaw%3D288.1!7i16384!8i8192?entry=ttu&g_ep=EgoyMDI1MDgwNi4wIKXMDSoASAFQAw%3D%3D
Bei den Besitzern Alois v. Bruni und Felix Dollinger steht in P. H. Häusermeer zusätzlich noch „Anmerkung: Jägerheim“. Zumindest bei Bruni sieht es so aus, als hätte er die Weiherburg gepachtet („Wirtspächter in Schloß Weyerburg“) und das Jägerheim besessen („Weiherburggasse 12 – Besitz: Bruni v. Alois“)
1918 wechselte das Objekt Weiherburggasse 12 abermals den Besitzer: „Besitzveränderung. Das dem Felix Tollinger, k. k. Gerichts-Unterbeamten, gehörige Gasthaus zum ,Jägerheim‘ nächst dem Schlosse Weiherburg, wurde von Herrn Viktor Falkenhein, Großkaufmann aus Wien, erworben.“ (IN, 12. 08. 1918, S. 9)
Aufgrund der Zusatzinfo bei Alois v. Bruni und der Formulierung zum Besitzerwechsel „nächst dem Schlosse Weiherburg“ gehe ich davon aus, dass es sich um 2 verschiedene Lokalitäten handelte.
Von 1921 bis 1927 scheint Frau Auguste Falkenhein als wohnhaft in der Weiherburggasse 12 auf, etwas verwirrend, da sich ja bereits 1924 die Hausnummer auf 29 geändert hat.
Hausnummern: 1902 – 1921 = 12, 1924 – 1934 = 29, 1935 – heute = 35.
Eigentümer lt. Adressbücher-Verzeichnissen der Hausbesitzer:
1901 – 1913 = Alois von Bruni
1914 = Josef Kossat
1915 – 1918 = Felix Dollinger
1921 – ? = Viktor Falkenhein
1924 – 1964 = Alfred Sika
1970 – 1976 = Kurt Urban
In den ersten 5 Adressbüchern ist Alois v. Bruni nicht zu finden, auch nicht als „nur“ Einwohner. Zum ersten Mal scheint er im AB von 1901 auf als Einwohner („Bruni Alois v., Geschäftsleiter und Hausbesitzer, H[ötting], Weyerburggasse 12“) und als Hausbesitzer („Weiherburggasse 12 Bruni Alois v., Wirtspächter in Schloß Weyerburg (Jägerheim).“)
Möglich, dass er noch in seinem Geburtsort Kufstein (* 21.10.1862) oder bei seinen Eltern in Wilten (Zwölferhaus) gelebt hat. Ende 1898 muss er jedoch schon hier und Pächter der Weiherburg gewesen sein:
„(Besitzwechsel.) Der Restaurateur der Weiherburg, Herr Alois v. Bruni, hat das Häuschen links am Wege vor der Weiherburg erworben und beabsichtigt auf dem Hügel dahinter eine Pension zu erbauen.“ (IN, 17.12.1898, S. 2)
So schnell wurde offensichtlich nichts daraus: „Dem Ansuchen des Alois v. Bruni um Bewilligung der Wirtskonzession im sog. ,Jägerheim‘ nächst der Restauration Weiherburg wurde wegen Mangels an Lokalbedarf keine Folge gegeben. (IN, 06.05.1905, S 19)
Und ein weiteres Mal: „Der Rekurs des Alois v. Bruni betreffend die Konzession zum Ausschanke von Flaschenbier im ‚Jägerhäusl‘ am Richardswege wurde zwecks Einholung näherer Auskünfte über die Gastlokale vertagt.“ (IN, 30.10.1908, S 4)
Das Projekt Jägerheim war für Herrn Bruni insgesamt wohl nicht sehr erfolgreich. Er starb am 30.06.1913 in der Weiherburggasse 12. Im Eintrag des Höttinger Totenbuches ist als Beruf Prokurist der Fa. Draxl angegeben.