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Bye, Bye Love

Bye, bye love

Wie viele von Ihnen, liebe Leser*innen, erfasst Nostalgie, wenn Sie dieses Gebäude sehen? Keine/n? Thought so.

Es gibt allerdings eine kleine Gruppe in der Innsbrucker Bevölkerung, die gerade mit einem lachenden und einem weinenden Auge Abschied von dem Gebäude am Langen Weg Nr. 11 nimmt. Im Jahr 2000/1 wurde dieses Gebäude als BTV-Geschäftshaus errichtet. Seit 2008 befinden sich drei Einrichtungen der Universität Innsbruck in diesem Gebäude: Das Institut für Alte Geschichte und Altorientalistik, das Institut für Archäologien sowie der Bereich Gräzistik und Latinistik des Instituts für Sprachen und Literaturen (seit 2020 „Institut für Klassische Philologie und Neulateinische Studien“) – zusammengefasst „Zentrum für Alte Kulturen“, vulgo einfach „Atrium“ genannt. Über den Sommer zieht die Uni nun wieder aus dem Atrium aus, nachdem das neue Gebäude am Campus der Alten Chemie am Innrain fertiggestellt wurde.

Einige Studienjahrgänge an Archäolog*innen, Althistoriker*innen, Lateiner- und Gräzist*innen und Altorientalist*innen machten am Langen Weg also ihre ersten Schritte an der Uniluft, feierten Abschlüsse, fanden Freund*innen für’s Leben, manche vielleicht auch die große Liebe. Was glaube ich alle, inklusive mir selbst, jedoch fanden, war (Hass-)Liebe oder zumindest eine Verbindung zu diesem Gebäude, zu dem ich nun ein wenig berichten möchte.

Im Erdgeschoss fanden sich unter anderem fünf Seminarräume, in denen Vorlesungen, Referate, Prüfungen und sonstiger Uni-Alltag bestritten wurden. Während der sommersemesterlichen Kurse konnte es schon einmal vorkommen, dass am Feld nebenan „g’surt“ wurde und dadurch der Ovid-Lektüre ein rustikaler Anstrich in Form einer besonderen Duftnote verpasst wurde. Direkt über den Seminarräumen 1 und 2 befand sich im ersten Stock ein Teil der Abguss-Sammlung des archäologischen Museums. Das pädagogische Angebot dort sorgte hin- und wieder auch für einen aufregenden Sound während langweiligen Vorlesungsstunden ;-).

Insbesondere in den oberen Stockwerken, wo sich die Büros der Institute befanden, hatte es – zumindest in den Sommermonaten – passend zu den hier gelehrten Fächern, vorderasiatische Temperaturen um die 30 Grad. Bei Regen gab es aber immerhin eine Abkühlung, die in flüssiger Form durch so manche undichte Stelle in der Decke herabrieselte. Die Bibliothek im zweiten Stock zu den einschlägigen Fächern war ebenfalls einmalig: sie war in vier Sektoren geteilt, von denen jeweils zwei auf der Seite des Mittelganges lagen. Man konnte sich also nicht einfach mit einem Buch aus Sektor A/B einfach in Sektor C/D begeben (wo sich in jüngerer Zeit der Buchscanner befand), ohne dieses auszuleihen bzw. seinen Ausweis o.ä. zurückzulassen (außer man war „hausbekannt“ und vertrauenswürdig, was bei der kleinen Größe der Fächer oft gegeben war). In bestimmte Ecken setzten wir uns gar nicht, weil wir wussten, dass dort laute und oder lästige Kommilitonen ihr tägliches Lager aufgeschlagen hatten.

Die Mensa im Erdgeschoss war stets gut besucht, häufig sogar mehr von Angehörigen der umliegenden Industriebetriebe als von Lehrenden und Studierenden. Ein Kuriosum des Gebäudes war auch der Zugang zum größten der Seminarräume, dem SR 4, der bis kurz nach der Mittagszeit nur durch die Mensa begangen werden konnte. Ansonsten musste man das Haus umrunden und den Hintereingang hinter den Papiercontainern nehmen. Im Erdgeschoss waren zudem noch ein Computerraum, Aufenthaltsraum und eine ebenerdig zu betretende Terrasse zu finden. Hier wurde so manche Prüfung nachbesprochen und auf der Terrasse so manches Tischtennismatch bzw. die ein oder andere Grillfeier ausgetragen.

(M)ein letzter Blick in den Aufenthaltsraum.

Auch wenn die Fahrten hinaus zum Langen Weg für uns oft mühsam, die Temperaturen im Gebäude nicht menschenwürdig und die Nahrungslage des Umfelds (Die Mensa hat Corona leider nicht überlebt) teilweise echt prekär war (am Atrium Beschäftigte konnten das Spar-enjoy-Sortiment des benachbarten Eurospars irgendwann auswendig) – der Auszug schmerzt aus Nostalgie-Gründen natürlich doch. Der Abschied wurde im Winter gehörig mit einem „Atriums-Ball“ gefeiert:

Getanzt wurde bis in die frühen Morgenstunden
Ob das Museumspersonal die Bierflasche wohl gesehen hat? Museumspädagogisch auf jeden Fall fragwürdig 😉

Dann bleibt nur noch zu singen: Bybyeeee love, byeebyeee Atriummmm

(Fotos: Stadtarchiv Innsbruck, Ph-29138, Fotograf: Günter Sommer; Rest: Hanna Fritz, Florian Feil)

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