Belebte Ecke
Wir blicken heute von der Innbrücke in Richtung Altstadt und Goldenes Dachl. Während es dort eher ruhig aussieht, ist an der Kreuzung einiges los: Menschen unterschiedlichen Alters beleben die Szenerie, auch ein Fuhrwerk mit Pferd ist zu sehen. Besonders fallen auch die zahlreichen Werbeplakate ins Auge, die nicht nur an der Ottoburg, sondern auch an einer Litfaßsäule bei der Innbrücke bzw. dem dortigen Kiosk zu sehen sind. Vielleicht könnten diese auch eine Möglichkeit sein, das Bild zu datieren. Während wir nämlich wissen, dass das Bild kurz vor Mittag aufgenommen worden ist, lautet die Datierung in unserer Datenbank lediglich „um 1900“. Das Fehlen des Denkmals „Vater und Sohn“ oder „Anno neun“, das 1909 geschaffen wurde und 1914/15 aufgestellt worden ist, ist jedenfalls ein eindeutiger zeitlicher Marker. Haben Sie Vorschläge oder sonstige Beobachtungen?
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Ph-31788)
Ein klein bisschen ksnn ich zur Eingrenzung beitragen, denn die Marke Ceres Speisefett wurde erst 1904 eingeführt.
Und das Denkmal „anno 9“ vor dem Rest der Stadtmauer bei der Ottoburg wurde erst 1915 aufgestellt.
(geschaffen von Christian Plattner 1904). Wie heißen die Beiden – Vater und Sohn- welche den Feind beobachten, auf Höttingerisch? Ich hab einmal sagen gehört „de zwoa ‚Spann uni'“ – also „Schau aufmerksam hinan“ – aber jetzt sagt das sicher niemand mehr…)
Der erste Teil der Stammstrecke der Dampftramway wurde im August 1909 elektrifiziert in Betrieb genommen und die bisherige Dampftram zerfiel ab November 1909 in die beiden elektrischen Trambahnlinien 2 und 4. Das heißt, wir müssen uns in einem Zeitfenster befinden vom Aufziehen der in der Fotografie erkennbaren Fahrleitung im Sommer 1909 bis vor die Aufstellung des erwähnten Denkmals im Jahr 1915 laut Frau Stepanek. Also: Mitte 1909-1915.
Wieder mal eine hoch detaillierte, tolle Aufnahme. https://innsbruck-erinnert.at/wp-content/uploads/2025/11/Ph-31877.webp
Die Stars hier sind für mich die Werbetafeln auf der Ottoburg, dem ersten kommerziellen „Tower“ Innsbrucks. Hatte das Schild mit der Uhr auf der rechten Fassade vielleicht eine wechselnde Belegung und war das Pendant unserer heutigen LED-Werbetafeln?
So viele Schilder und Plakate sind zu sehen und trotzdem geben sie wenig Hinweise auf einen noch genaueren zeitlichen Rahmen. Entweder nicht gut genug lesbar oder keine Vergleichs-Bilder, wie im Falle der Schicht-Seifen-Werbung. Von dieser sind alle möglichen Varianten im www zu finden, nur diese nicht und jene aus einem ähnlichen Titelbild https://innsbruck-erinnert.at/standlerei/
Auch der Globus-Putz-Extrakt hilft nicht weiter, für ihn wird in Zeitungen schon 1898 Werbung gemacht.
Der Apollo-Saal, die umgebaute und vergrößerte Veranda vom Deutschen Cafe, wurde ab 1907 so genannt. In ihm gab’s jede Menge Veranstaltungen, von Tanzkursen über Varietés bis zu Faschingskränzchen und Generalversammlungen. Leider war keine zu finden, die dem Schriftzug auf dem Plakat auch nur halbwegs ähnelt.
Der Innrain wird seit 1871 so benannt und die Herzog-Otto-Straße findet man auf ANNO als Herzog Ottostraße bereits 1842.
Die IN schreiben am 13. Nov. 1915, S. 5: „Die anno Neun-Gruppe bei der Ottoburg ist nun fertiggestellt und heute früh wurde mit Hilfe eines Flaschenzuges die Figur selbst auf die Grundlage gehoben. Die Gruppe ist natürlich noch verhüllt und vorläufig unsichtbar. Der Tag der Denkmalsenthüllung ist noch nicht bestimmt.“ Über die Enthüllung selbst war (für mich) kein Bericht zu finden.
Einen möglichen Hinweis zur weiteren Eingrenzung liefert evtl. das Plakat der Cavalier-Schuhcreme, welche 1913 in Baltimore auf den Markt kam. Falls sie es geschafft hätte bis 1915 nach Europa zu kommen, würde sich der Zeitrahmen auf 2 Jahre reduzieren.
Aber vielleicht kann jemand aus der Leserschaft die angekündigte Veranstaltung vom Apollo-Saal entziffern, dann wäre eine noch gezieltere Suche möglich.
Ich bilden mir ein
‚Eintritts. Karten
Ringler … Apollo Saal‘
zu erkennen und finde auch prompt eine zeitlich passende Annonce in den Innsbrucker Nachrichten vom 7.9.1919:
Dort wird für den 8.September
Deutsches Café (Apollo-Saal): Fremden-Konzert der Tiroler Nationalsänger und Schuhplattler- Gesellschaft Franz Ringler
angekündigt.
Ups, nicht 1919 sondern 1912. Allerdings trat Die Gruppe in diesem Jahr dort öfters auf.
Ich hab etwas tiefer recherchiert und diese Riegler Truppe trat auch noch 1913 im Apollo Saal auf. Auch Jahre vorher und nachher war dieser Franz Ringler noch fleißig, jedoch nicht mehr im Apollo.
Tut mir leid, Herr Pechlaner, meine Antwort direkt auf Ihren Kommentar von 13:45 Uhr war offensichtlich etwas länger in der Warteschleife, sonst hätte ich natürlich nicht auf 1919 und die häufigen Auftritte des Herrn Ringler hingewiesen!
Vielleicht haben sich auch meine Kommentare einfach ein bisschen Zeit gelassen – kein Drama, sowas passiert eben.
Jedenfalls ist es den Beteiligten erneut gelungen, den gewünschten zeitlichen Rahmen gemeinsam einzugrenzen.
Ringler könnte tatsächlich passen, Herr Pechlaner! Bei meinen Überlegungen zu einer noch gezielteren Suche bin ich allerdings von einer einmaligen Veranstaltung ausgegangen, nicht wissend, dass der gute Herr Ringler über Jahre hinweg Auftritte in Innsbruck hatte, zuerst im Grauen Bären, dann im Apollo-Saal und auch im Stadtsaal. Das ist mir bei der neuerlichen Suche – nun in Kenntnis des Namens – aufgefallen.
Das Plakat hier muss jedenfalls eine Veranstaltung VOR November 1915 (Denkmal!) angekündigt haben, da geht sich der 8. September 1919 nicht aus.
Die letzte Möglichkeit der Kombination Ringler plus Apollo-Saal ergibt sich lt. ANNO am 13. Juli 1913 (IN 12. 07. 1913, S. 8). Jetzt kann man noch spekulieren, wieviele Tage vorher plakatiert oder wieviele Tage nachher das Plakat entfernt wurde … Aber Juli 1913 würde sich jedenfalls ausgehen, sogar inklusive der Cavalier-Schuhcreme, wenn sie schnell genug übern Großen Teich kam. 😉
Es sei denn, ein “Schattenspezialist“ macht auch diese Überlegung zunichte.