Aus der Sammlung Hochenegg II
Die Sammlung Hochenegg ist aufgrund ihrer schieren Größe bei uns in 27 verschiedene Sachgebiete unterteilt. Einige harren noch immer ihrer Feinaufnahme, andere wiederum sind schon gut erschlossen. Zu Letzterem gehört passenderweise eine Sammlung, die schlicht und einfach den Namen „Innsbruck“ trägt. Hinter diesem einfallsreichen Sammlungsbegriff verbergen sich 62 verschiedene Ansichten oder Detailzeichnungen unserer schönen Stadt, eine davon ist in unserem heutigen Beitrag zu sehen.
Unter dem Titel „Inspruck in Tyrol“ sieht man einen Stahlstich, der in dem Buch mit etwas sperrigem Namen „Meyer’s Universum oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde“ um 1835 erschienen ist. Herausgebracht wurde dieser Stahlstich vom Bibliographischen Institut in Hildburghausen nach einer Zeichnung von Clarkson Stanfield.
In der stilisierten Ansicht von Innsbruck steht die Stadt selbst nicht unbedingt im Mittelpunkt. Der Star sind zweifellos die Berge im Hintergrund, die Furcht gebietend über der Stadt emporragen. Mit der tatsächlichen Nordkette haben selbige zwar meiner Meinung nach wenig gemein, aber zumindest das Gefühl der nahen hohen Berge hinter der Stadt ist gut vermittelt. Das Gebäude rechts im Vordergrund erinnert mich auch nicht unbedingt an ein klassisches Tiroler Bauwerk, aber ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren. Die Darstellung der Stadt selbst ist auf wenige Gebäude beschränkt und das Rätseln, um welche Bauwerke es sich im Detail handeln könnte, überlasse ich gerne unseren treuen LeserInnen.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Sammlung Hochenegg 04.02.15-60)
Die Darstellung wirkt ob ihrer haarsträubenden Unähnlichkeit geradezu wie eine groteske Karikatur der Stadt. Es scheint als wäre der Künstler niemals persönlich in Innsbruck gewesen.
Bereits aus dem 16. und 17. Jahrhundert gibt es viele Ansichten und Veduten, welche dieses Werk an Naturtreue weit übertreffen.
Es handelt sich hierbei um einen Nachdruck der bereits 1832 in London erstmals erschienenen Ansicht. Im British Museum befindet sich ein Blatt mit den Angaben „Painted by C. Stanfield“, „Engraved by C. Heath“ sowie als Herstellungsnachweis „London, Published for the Proprietor, by Longman & Co. Paternoster Row.“
Von Clarkson Stanfield gibt es unter dem Titel „Innsbruck Principal Street“ interessanterweise auch noch eine zeitgleich entstandene Darstellung der Maria-Theresien-Straße mit der Annasäule, welche etwas besser getroffen ist.
Diesen Stich und auch die von Herrn Auer erwähnte „etwas bessere“ Ansicht der M.Th. Straße kenne ich auch aus dem Angebot bei Ebay, weiß aber nimmer, wie hoch der Preis war,
Die „Stadt“ im Hintergrund beschränkt sich m.M. auf Wiltener Pfarrkirche und das Kloster.
Auf Delcampe findet man beide Stahlstiche unter dem Stichwort „Inspruck in Tyrol“. Den Hocheneggschen um 7.99 €, den vermutlich von Herrn Auer gemeinten, jedenfalls mit C. Stainfield gekennzeichneten M.Th. Druck um sagenhafte 2 ChF oder 2,93 €.
Das Motiv aus der Sammlung Hochenegg läßt meine vorschnelle Deutung mit dem Komplex der Wiltener Kirchen wanken. Die Delcampe Darstellung läßt sich fein stufenlos vergrößern und legt eher eine sehr saloppe Darstellung der Altstadt mit Pfarrkirche, Stadtturm oder Franziskanerkirche(?) und Dreiheiligenkirche (?) nahe. Kühne die Aquädukt ähnliche Brücke über den anscheinend in der Mühlauer Klamm verschwindenden Inn. Ein Bild von hohem Unterhaltungswert.
Die Deutung als Wiltener Basilika, Leuthaus und Stift Wilten erscheint architektonisch sehr gut passend. Bei der äquaduktartigen Brücke könnte mit etwas Fantasie und viel gutem Willen die alte hölzerne Innbrücke gemeint sein. Überhaupt braucht man bei diesem Bild viel Fantasie, um sich überhaupt zurecht zu finden. Das Bild meint viel und sagt wenig.
Im Online-Katalog des British Museum kann man mit einer besonders hohen Auflösung ins Bild hineinzoomen, um gewisse Details zu analysieren:
https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_1982-U-262
Danke, Herr Auer für die Bestätigung meiner ersten Interpretation und den interessanten Link.
Inzwischen glaube ich sogar, im hohen Schneeberg die Bettelwurfgruppe und den Hundskopf erkennen zu können. Im Unterland kann man mit etwas gutem Willen das Gespann Kellerjoch – Kuhmesser angedeutet sehen.
Clarkson Stanfield war lt. Wiki ein schon zu Lebzeiten berühmter englischer Bühnen-, Landschafts- und Marinemaler und malte auch Seeschlachten. Er war also darin geübt Szenen nach Erzählungen zu malen. Von Innsbruck hatte er vermutlich nur eine Ansicht der Wiltener ‚Skyline‘, und eine Abbildung einer Tiroler ‚Buggelkraxe‘ alles andere scheint er aus 2.Hand erfahren zu haben, wie die Berge und den ‚Heuboden‘ unter dem Bogen, den er wohl gänzlich missverstand.
Im Wienmuseum gibt es interessanterweise ein Gemälde von Adalbert Stifter aus dem Jahre 1835 mit dem Titel „Innsbruck mit der Nordkette“, welches genau das gleiche Motiv zeigt. Als Vorlage für das Gemälde dürfte der Stahlstich nach der Zeichnung von Clarkson Stanfield gedient haben:
https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/997450-innsbruck-mit-der-nordkette/