Aufschlag!? Oh, Maria hilf…
Wie dem einen oder der anderen Leserin bekannt sein dürfte, ist „Mariahilf bzw. Maria hilf!“ derzeit bei uns im Stadtmuseum zu sehen. Das obige Bild ist nicht Teil davon. Selbiges schlummerte in unser Datenbank, leider ohne Jahresangabe – aber ich bin sicher, die Expertinnen und Experten werden die Aufnahme aufgrund der Bautätigkeit links im Bild relativ genau datieren können.
Mein primäres Interesse an diesem Foto erregte das kleine – in veränderter Form heute noch existente – Häuschen in der Bildmitte. Ich meine, dass es von Größe und Stil doch sehr an die Ausschlags- äh Aufschlags-Station an der Gabelung Fallbachgasse/Weiherburggasse erinnert und damit die von Herrn Roilo dort gestellte Frage beantworten könnte, wo genau sich das Mariahilfer Akzishäuschen befand.
Ein Indiz dafür wäre auch die folgende tragische Zeitungsnotiz aus dem Jahr 1917: „Im Inn ertrunken. Dienstag nachmittags trieben sich einige Kinder nächst dem städtischen Akzishäuschen in Mariahilf in den Wassertümpeln herum, die am Einfluß des Höttingerbaches in den Inn sind und wo zu trockener Zeit Schotter gewonnen wird. Am Dienstag kostete dieser gefährliche Spielplatz ein Menschenleben. Das sieben Jahre alte Steinmetzkind Anna Steffan wagte sich zu weit in das Wasser, so daß es schließlich vom reißenden Inn fortgerissen wurde. Ihr neunjähriger Bruder, der seiner Schwester Hilfe leisten wollte, konnte noch rechtzeitig gerettet werden. Der Vater dieses Kindes ist an den Folgen der Kriegsstrapazen seinerzeit in Trient gestorben.“ (ATA, 10. August 1917, S. 2)
Eine deutlich heiterere Episode ereignete sich dort zweieinhalb Jahre später, die zugleich die Amtsgewalt der Herren Akzisseure verdeutlicht. Da war jegliches Anrufen der Muttergottes vergeblich: „Doppelt beschlagnahmt. Über eine erfolgte Anzeige wurde am Freitag bei einem Metzger in der Höttingerau durch die Höttinger Polizei ein größeres Quantum Fleisch in Beschlag genommen. Das Fleisch wurde auf einen Wagen geladen und sollte nach Hötting gebracht werden, weshalb der Fuhrmann durch Mariahilf in die Höttingergasse gelangen wollte. Bei dieser Amtshandlung vergaß der Fuhrmann beim Akzishäuschen in Mariahilf die Durchfuhr des Fleisches auzuzeigen, weshalb der wachsame Gefällsaufseher das Fleisch mit Beschlag belegte. Nun mußte das Fleisch anstatt nach Hötting ins städtische Fleischbankgebäude wandern.“ (IN, 27. Januar 1920, Abendblatt S. 3)
Angesichts der damals schlechten Versorgungslage kann man für die Stadt Innsbruck nur hoffen, dass es sich bei dem beschlagnahmten Fleisch um noch genießbare Ware gehandelt hat…
Ich habe übrigens versucht, das Häuschen auf früheren Aufnahmen der Mariahilfkirche zu entdecken. Meist strapaziert es die Augen und man kann es eher erahnen als wirklich sehen. Hier zum Beispiel scheint mir die Lage des Häuschen weiter östlich zu sein und auch nicht unter der großen Pappel. Hier hingegen steht es ganz an der Innverbauung. Passt das alles zusammen?
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Slg. Jörg Thien, 04.05.01, Nr. 382)
Ja, wie von Ihnen vermutet, erscheint es sehr wahrscheinlich, dass man auf diesem Bild aus dem 19. Jahrhundert das Akzisenhäuschen bereits erkennen kann:
https://innsbruck-erinnert.at/der-innsbrucker-maler-und-kupferstecher-joseph-leopold-strickner-teil-1/
Auf dem Titelfoto sieht man auch sehr schön den altrenommierten Gasthof Kirchenwirt.
Passend zur aktuellen Austellung findet sich auch im Skizzenbuch des Malers William Turner in der Tate Gallery eine Ansicht der Mariahilfkirche von 1833:
https://www.tate.org.uk/art/artworks/turner-innsbruck-view-down-the-inn-to-the-cathedral-and-stadtturm-d31543