Die Anichstraße
Die Anichstraße, wie wir sie heute kennen, existiert noch nicht sehr lange. Da wo die Anichstraße von der Maria-Theresienstraße abzweigt, gab es früher nur einen kleinen Torbogen durch den man in die damals Melzer- oder Pestgaßl genannte kleine Straße gelangen konnte. Das Melzerhaus „versperrte“ nämlich den Eingang zur heutigen Anichstraße. Zwar wurde bereits 1873 der Plan gefasst eine an die Maria-Theresien-Straße anschließende Hauptverkehrstraße zu errichten, aber erst 1877 konnte durch den Ankauf und Abbruch des Melzerhauses der Straßeneingang geöffnet werden. Die Straße wurde 1878 nach dem Tiroler Kartographen Peter Anich benannt.
Das Titelbild entstand vor 1907. Es zeigt die Anichstraße von der Maria-Theresien-Straße aus gesehen. Mit Ausnahme der Gehsteige war die Straße zu diesem Zeitpunkt noch unbefestigt. Das Eckhaus (Anichstraße Nr. 1) auf der linken Bildseite wurde 1902 vom Verleger und Fotografen Fritz Gratl gekauft, der für seine in hervorragender Qualität hergestellten Landschafts- und Stadtfotografien bekannt war. Er richtete sich darin ein Atelier und ein Fotogeschäft ein. Das am Gebäude angebrachte Schild „Anichstraße 3“ mit „Schirmaufsatz“ könnte ein Hinweisschild für ein im Nachbarhaus untergebrachtes Geschäft gewesen sein. Acht Jahre später verkaufte Fritz Gratl das Gebäude. Es wurde abgebrochen und 1911 durch einen Neubau, der dem Geschmack der Zeit entsprach, ersetzt.
Das Eckhaus (Anichstraße Nr. 2 und 2A) auf der rechten Bildseite wurde zwischen 1889 und 1893 nach den Plänen von Architekt Max Haas für den Schloß- und Brauereibesitzer Robert Nissl gebaut. Es beherbergte ab 1893 das Cafe-Restaurant Maximilian.
(Stadtarchiv Innsbruck, Sommer-3-48, Ph-24473, Ph-26810)
Das am Gratl-Haus angebrachte „beschirmte“ Schild „Anichstraße 3“ verweist auf den Laden der Schirmmacherin Marie Mair (auch Mayr). Sie wird in den Adressbüchern von 1898 – 1911 auf Nr. 3 geführt. Danach, von 1912 – 1937, hatte sie ihr Geschäft in der Anichstraße Nr. 11.
Das im 1. Stock zwischen den beiden Fenstern sichtbare Schild „Maria-Theresienstr. 30“ stammt aus der Zeit, als das Melzer-Haus noch stand. Dieses hatte die Anschrift Maria-Theresienstr. 28:
„Nur einige Tage! Verkaufs-Depot von Zauberapparaten und Gesellschaftsspielen, womit sich Jedermann (Jung und Alt) Familie und Gesellschaften, höchst überraschend und originell unterhalten können […] A. BATITZ, Verkaufs-Depot: Maria-Theresienstraße Nro. 28 im Melzer-Haus.“ (IN 12. Mai 1877, S 18)