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„Im Frieden …

„Im Frieden …

… muß ja hier ein gottgesegnetes Leben herrschen“, schrieb der Wiener Karl Muck Ende Oktober 1917 aus Innsbruck an seine Frau Hanny. Mitte Oktober 1917 war Muck von der Stabskanzlei des k.u.k. Dragoner-Regiments Nr. 4 in Wels zum k.u.k. Arbeitersammelkader in Innsbruck versetzt worden: „Nun beginnt wieder ein neues Kapitel in der Lebensgeschichte und werden sehen, was uns Innsbruck bringt. Hoffentlich nichts schlechtes“, schrieb er noch kurz vor der Abreise aus Wels an seine Frau.

In den frühen Morgenstunden des 18. Oktober 1917 traf Muck in der Tiroler Landeshauptstadt ein, wo er in den sogenannten Hut(t)erbaracken an der Völserstraße einquartiert wurde: „In den Baracken ist sehr schlecht schlafen, übereinander wie die Stockfische“, so Muck. Trotz der primitiven Unterbringung und der kargen Verpflegung war er von der neuen Umgebung begeistert. Am 23. Oktober 1917 schrieb er an seine Frau:

„Heute hatten wir Löhnung und bekam für 10 Tage, sage und schreibe 2 K[ronen] 40 H[eller]. Da kann man satt werden! Außerdem verdeckt man hier ganz. Nachmittag gestern waren wir zu einem Tischler kommandiert zur Arbeitshilfe und zwar in Hötting auch ein Vorort von Innsbruck. Dann gebe [sic] es Arbeiten welche sogar bezahlt wird [sic] z.B. in der Marmeladefabrik Äpfel abladen, aber ich habe Pech un komme nie dazu. Ferner im Rathaus Holz schneiden, wird alles extra bezahlt. Am 1. oder 10 Nov. soll schon die Baracke geräumt sein und kommt der Sammelkader nach Linz. […] Menage ist sehr gut aber auch zu wenig. Mit dem Brot muß man auch sparen und bekommen wir alle Tage 1/4 Wecken, der schon bei einer Mahlzeit darauf geht. Es ist dann gut, daß ich mir abends etwas kaufen kann. In Innsbruck gibt es sehr viele Ausspeisereien. Obst ist nicht billig. 1 kg Äpfel kostet 1.20 K – 2 K., Birnen sind noch teurer. Most ist auch teuer und nicht besonders gut. […]
Es war auch gut, daß ich mich in Wels ordentlich ausgerüstet habe, besonders Mantel und Schuhe, den[n] die Morgentemperatur ist direkt eisig kalt, dabei liegt Reif überal. Aber sonst ist es wunderschön. Unsere Baracken liegen am rechten Innufer, zwischen denselben und der Bahn in die Schweiz. Das Gebirgspanorama ist einzig schön. Besonders heute, bei blauem Himmel und weiter reiner Aussicht.
Keine Großstadt liegt so schön eingebettet wie Innsbruck. Gleich aus der Stadt heraus, beginnen die himmelhohen Schneeriesen. Eine 1 stündige Fahrt der elektrischen Lokalbahn bringt Dich nach Flupmes hinein in den Gletscherregionen der Stubaier und Ötztaler Alpen. Wollte man Innsbruck und Umgebung kennen lernen und an die besuchtesten Punkte kommen, brauchte man 14 Tage bis 3 Wochen. Später, im Frieden, werden wir auch nicht versäumen neben anderen, gemeinsam, dieses Schatzkästlein näher kennen zu lernen. Unter anderem wäre zu nennen: In erster Linie der Tiroler Heldenberg Isel mit Andreas Hofer Denkmal und Museum der Tiroler Kaiserjäger, selbstverständlich die Stadt selbst mit seinen [sic] Sehenswürdigkeiten und vielen Altertümern. Ferner die Hungerburg von Mühlau aus, dann nach Hall (Salzbergwerk), die erste Stadt Tirol[s] ohne Erker. Dann die schon erwähnte elektr. Bahn nach Fulpmes ins Stubaital. Die elektr. Bahn nach Amras (herrl. Schloß mit Sehenswürdigkeiten und schönen Schloßgarten). Mit derselben Bahn weiter nach Lans, mit Lansersee und Lanserköpfe. Dann die Endstation gleicher Bahn Igls, die Sommerfrische der Innsbrucker, dann gibt es das herrl. Silltal, Halltal. Auch die elektr. Bahn, die sogenannte Karwendlbahn an die bairische Grenze. Den Achensee bei Jenbach und gegenüber das wunderschöne Zillertal.
Ich könnte noch so weiter erzählen, da würde aber die Zeit zu Kurz. Dies alles läßt sich vaus [sic] Innsbruck als Standquartier leicht besuchen, doch sind Hochgebirgstouren nicht berücksichtigt. Da wäre von den unzähligen, die Frau Hitt, der Patscherkofel zu nennen u.s.w.
Ich weiß nicht, ob Dich dies jetzt interessiert, doch ich weiß, daß dies der Fall wäre, wenn Du hier wärst. Habe jetzt schon 8 Tage keine Zeitung zu Gesicht bekommen und weiß gar nicht, was der Krieg macht?
Wo werden wir denn nachmittags wieder hingeschickt werden?
Mir bleibt sich daß [sic] schon jetzt ganz gleich, ich werde mir nirgends weh tun. Sitze jetzt ganz im Verborgenen an dem blaugrünen Alpenwasser des Inn. Denn wenn man einen müßig stehen sieht, bekommt man gleich ein Geschäft, wenn auch nur Weidenruthen schneiden und Besen binden, Brennessel pflücken, etc.“

Abends am 26. Oktober schrieb Muck an seine Frau:

„Nun ist wieder ein Tag um, nach dem Wetter nach [sic] ein herrlich schöner. Dabei ist die Nacht mond- und sternenhell. Innsbruck in klarer Mondnacht zu sehen ist einzig. Dies trägt alles dazu bei, daß ich von hier nicht schon davongelaufen bin. […] In Innsbruck herrscht abends ein reges Leben, besonders in der Maria Theresienstraße, daß ist hier, wie in Wien die Kärntnerstraße.“

Ein Gruß aus dem nächtlichen Innsbruck.

Anfang November 1917 scheint Karl Muck dann nach Wien versetzt worden zu sein. Ob er nach dem Ende des Ersten Weltkrieges tatsächlich gemeinsam mit seiner Gattin Innsbruck besuchen konnte, ist leider nicht überliefert.

(Abbildungen: Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-25036; Ph-A-24359-32; / Text: Korrespondenz Karl Muck, k.u.k. Dragonerregiment Nr. 4, Privatbesitz)

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