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Der Bilderblog aus dem Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck
Richard Steidle (XIII.)

Richard Steidle (XIII.)

Der im letzten Artikel erwähnte Proteststurm gegen den Kanzler führte zur Überlegung, eine Tiroler Sektion der Österreichischen Liga für Völkerbund und Völkerverständigung zu schaffen. Steidle war auch an diesen Überlegungen beteiligt, allerdings nahm er eine relativ zynische Haltung gegenüber dem Völkerbund ein. Er konstatierte, dass „der Völkerbund immerhin ein Instrument sei, auf dem man spielen kann, und es sei daher klug, sich einer Organisation einzufügen, die scheint’s Mittel und Wege wisse, mit diesem Instrument etwas zu machen.“

Trotz der innerparteilichen Konflikte spitzte sich indes die Auseinandersetzung mit den Sozialdemokraten weiter zu. Im November 1926 verabschiedete die SDAP ihr neues Parteiprogramm, welches nach dem Ort des Parteitages als Linzer Programm bekannt werden sollte. Doch bereits im Vorfeld gab es lange öffentliche Diskussionen um das neue Programm, die natürlich auch von den politischen Gegnern aufgeschnappt wurden. Am 7. August veröffentliche die Volks-Zeitung einen Entwurf des Programmes. Bereits in der Präambel wurde dort ein entschieden (klassen-)kämpferischer Ton angeschlagen:

Die sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs, gestützt auf die Lehren des wissenschaftlichen Sozialismus und auf die Erfahrungen jahrzehntelanger sieghafter Kämpfe, […] führt den Befreiungskampf der arbeitenden Volksklassen und setzt ihm als Ziel die Überwindung der kapitalistischen, den Aufbau der sozialistischen Gesellschaftsordnung.

Es folgten zwei Kapitel über Kapitalismus und Klassenkampf, das dritte, betitelt „Der Kampf um die Staatsmacht“, muss für alle nicht-Parteiangehörigen besonders brisant geklungen haben. Dort wurde verkündet, dass die SDAP die Republik begründet hatte, aber auch diese werde „zunächst noch von der Bourgeoisie beherrscht“. Die Republik jedoch ermögliche der Arbeiterklasse „den Kampf um die Staatsmacht mit geringeren Opfern als in jeder anderen Staatsform zum Siege zu führen.“ Die folgenden Zeilen führten zwar aus, dass diese „Kampf“ ein Kampf um die nötigen Stimmen sein würde, also im Rahmen der liberalen Demokratie. Aber gleich nach diesen friedlicheren Tönen hieß es, dass die Bourgeoisie ihre Herrschaft niemals ohne Kampf aufgeben würde, und dass die Arbeiterklasse bereit sein müsse, die Staatsmacht in einem Bürgerkrieg zu erobern.  Die einzige Alternative läge darin, dass die Bourgeoise überhaupt gar keine Chance wittere, wenn das Bundesheer „und alle bewaffneten Corps“ bereit seien, die Republik auch zu schützen, wenn die SDAP die Mehrheit im Parlament erobere.

Freilich war jede Erwähnung von Bürgerkrieg mit er Erklärung gekoppelt, dass sich die Arbeiterklasse nur gegen einen Coup seitens der Bourgeoisie wehren würde, aber man kann durchaus verstehen, dass dies für nicht ganz wohlwollende Ohren keine sonderlich große Beruhigung war – schließlich sprachen die Heimwehren auch stets nur davon, dass man sich gegen den Bolschewismus „verteidigen“ müsse.

Auf einer Tagung der Heimatwehren in Salzburg Ende August, auf der Steidle uns erstmals als „Bundesführer“ des Verbandes aller österreichischen Heimwehren begegnet, wurde eine Erklärung beschlossen, welche das, damals erst geplante, Programm entschieden verurteilte:

Das neue sozialdemokratische Parteiprogramm lässt klar und deutlich erkennen, dass die sozialdemokratische Partei gewillt ist, zu ihr geeignet erscheinender, nicht allzu ferner Zeit den Kampf um die Macht im Staate mit allen Mitteln, auch außerparlamentarischen, zu einem für die Partei siegreichen Abschluss zu bringen. Diesem Entschluss setzen wir den eisernen Willen entgegen, jeden derartigen Versuch unbedingt zurückzuweisen.

(Titelbild: Mitgliedsausweis der Sozialdemokratischen Arbeitspartei Deutschösterreichs, 1928, Signatur Div-721)

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