Domum dei decet decor
In den vergangenen Wochen und Monaten durfte ich Ihnen ja schon das ein oder andere Gustostück aus dem Archiv der Baufirma Mayr vorstellen. Heute folgt ein Entwurf für die „Friedens- und Heldenkirche zur hl. Familie“ in Wilten. Bereits im Oktober 1897 hatte sich dort ein Kirchenbauverein gebildet, mit dem Ziel „im Südwesten dieser sich zusehends vergrößernden Ortsgemeinde“ eine neue Kirche zu errichten, „welche zur Patronin die hl. Familie haben soll“. Von der Idee zur Umsetzung ist’s freilich oft ein langer Weg. Hoffnungsvoll heißt es im Bericht über die zehnte Generalversammlung: „Im Jahre 1907 dürfte es möglich sein, über die Beschaffung eines Bauprojektes Entschließungen zu fassen.“ Bereits im Vorjahr war über „Anregung des hochw. Chorherrn und Lektors der Theologie, Sigm. Auer, […] ungarische Wertpapiere im Betrage von 28.000 Kronen mit dem ansehnlichen Gewinn von 685 Kronen 30 Heller verkauft und über Vermittlung des hochw. Herrn Heinrich Schüler am Kirchenbauplatze in der Fischergasse das schöne Kruzifix aus der Gruft der Wiltener Pfarrkirche nach trefflicher Restaurierung seitens des Vergolders Meister Ed. Sailer als Denkzeichen an das künftige neue Gotteshaus aufgestellt [worden].“ Doch die neue Kirche blieb ein frommer Wunsch.
Erst elf Jahre später, im Juli 1918, schrieb der Kirchenbauverein einen Architektenwettbewerb aus. Dem Zeitgeist folgendend, sollte es nun „eine Friedens- und Heldenkirche zur hl. Familie“ werden. „Zur Teilnahme sind alle in Tirol ansässigen und wenigstens 33 Jahre in Praxis stehende Künstler, resp. Architekten, Baumeister und Bautechniker eingeladen. Die Behelfe können beim Kirchenbau-Vereinsvorstand erhalten werden. Einreichungszeit letzter November 1918, 12 Uhr mittags, beim Vorstand Herrn Josef Potschka, k. k. Bezirkshauptmann i. P., Pfarrplatz Nr. 4, 3. Stock, Innsbruck.“
Diesem Aufruf folgte auch der k. k. Baurat und Architekt Maximilian Haas (1847-1927). Der aus Mergentheim (Württemberg) stammende Haas hatte zunächst für keinen geringeren als dem bekannten Wiener Heinrich von Ferstel (1828-1883) gearbeitet. Nach Ferstls Tod übersiedelte Haas nach Innsbruck, wo er als Professor an der k. k. Staatsgewerbeschule wirkte. „Während seiner langen Lehrtätigkeit wurden nach seinen Plänen eine Reihe von Bauten ansgeführt. Mit Recht kann man behaupten, daß sein feiner Geschmack und Formensinn in seinem Wirkungskreis richtunggebend waren. Ganz besonders zeigte sich dies in der Ausstattung der von Haas entworfenen Innenräume, so z. B. des geschmackvollen Speisesaales im Hotel ‚Europa‘, der Cafe- und Restaurationslokalitäten ‚Maximilian‘ in Innsbruck. Eine Reihe von Villen, städtischen Wohngebäuden, Gasthäusern usw. sind aus seiner Hand hervor gegangen. Davon wäre ganz besonders das ‚Altwirtshaus‘ in Igls und die im Jahre 1902 erbaute Mädchenvolksschule in Wilten, Fischergasse zu erwähnen.“ Haas erfüllte somit alle erforderlichen Kriterien, um am Wettbewerb teilzunehmen.

Nur drei Monate nach dem die Frist abgelaufen war, wurden „im Landhause (Parissaal) im Beisein der Herren Preisrichter, der Ausschußmitglieder des Kirchenbauvereines und mehrerer Freunde und Gönner des Vereines die Ausstellung der Bauplanskizzen für die zu erbauende ‚Friedens- und Heldenkirche zur hl. Familie‘ in Innsbruck- Wilten eröffnet.“ Glaubt man dem Allgemeinen Tiroler Anzeiger, so war der Besucherandrang groß. Und auch Spenden gingen (wieder) ein. Dennoch kam das Projektnicht vom Fleck, zu groß waren wohl die Not und das Elend der Nachkriegszeit. Die Entwürfe wurde eingemottet, Maximilian Haas schenkte seine Skizzen im März 1922 seinem Freund, dem Innsbrucker Baumeister Alfons Mayr und die Vereinstätigkeit schlief praktisch ein. Erst 1931 kam wieder etwas Bewegung in die Sache, aber das ist hier, hier und hier sowie auch hier nachzulesen.
(StAI, Archiv Baufirma Mayr)