Der Ahnenpass (III.)
In den verschiedenen Versionen der Begleittexte wurde die Bedeutung der „Familien-, Sippen- und Rassenkunde“ hervorgehoben. Die Begründungen dafür waren sowohl spiritueller, wie sozialdarwinistischer Natur. So hieß es in einem der Pässe im Stadtarchiv: „Wer nicht weiß, wer seine Vorfahren waren, wo und wie sie lebten, in welchen Berufen sie tätig waren und dergleichen mehr, der kann in kein inneres Verhältnis zu ihnen treten.“ In einem anderen, dass es „sehr wichtig ist, dass durch die Familienforschung im weitem Umfange und in allen Schichten des Volkes der Daseinsverbundenheit mit den Vorfahren gedacht wird (…)“. Die NS-Ideologie versuchte somit auf dem verbreiteten und natürlichen Wunsch, seiner Familie und seinen Vorfahren nahe sein zu wollen, aufzubauen um ihre eigene Agenda zu untermauern.
Zu diesen Argumenten gesellten sich nun die erwähnten sozialdarwinistischen und „rassenhygienischen“ Gedanken des NS-Regimes: „Erbgesunde Familien bilden die Grundsteine des Volkes.“ hieß es in einer anderen Version des Passes. In einer weiteren Ausgabe wurde aus einer Reichstagsrede Hitlers zitiert, in welcher er die „Blut- und Rassenlehre der nationalsozialistischen Bewegung“ in ihrer Bedeutung mit der kopernikanischen Wende verglich. Das Regime versuchte die Bevölkerung anzuhalten, nicht nur ihren eigenen Stammbaum zu erforschen, sondern dies auch von möglichen Ehepartnern zu verlangen, um eine „Verunreinigung des Blutes“ zu verhindern.
Ein anderes Dokument, welches allerdings nicht vom NS-Regime eingeführt wurde (und auch bis heute existiert), ist das Familienstammbuch. Es wurde allerdings während der NS-Zeit mit einigen Texten ergänzt, z.B. dem „Rechtsalphabet der Familie“, welches neben Definitionen für Begrifflichkeiten wie Erbfolge und Gesetzliche Vertreter etc. auch Informationen zum „Blutschutzgesetz“ und „Mischehen“ enthielt.
(Titelbild Div-696-13)