Schätze aus dem Monopol-Archiv (13)
Ob sich dieses leicht unscharfe Motiv gut verkauft hat? Wer weiß … Aber es passt zweifellos zu Anton Schöllhorn, der – wie diese Serie zeigt – ein gewisses Faible für unkonventionelle Aufnahmen hatte. An einem bewölkten Frühjahrstag blicken wir aus einem Fenster der Claudiana (oder ist’s doch die Ottburg?) auf die Haltestelle Innbrücke der Lokalbahn. Daneben lehnen zwei Karren am Geländer. Die dazugehörigen Boten sind vielleicht gerade beim Neunerlen. Wie lange werden sie und ihre Transportgeräte an dieser Stelle wohl noch ein vertrauter Anblick sein?
Auch abseits von solchen nostaligischen Gedanken hat diese Aufnahme einen besonderen Reiz, gibt es doch – wiedereinmal – viel zu entdecken. Da ist etwa die im Jahr 1899 errichtete Bedürfnisanstalt, die man am linken Bildrand geradeso noch sehen kann, das Wartehäuschen und natürlich auch die Straßenbahn der Linie 2. Aber jetzt lasse ich Sie auch schon in Ruhe, damit Sie sich selbst umsehen können.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck)
An einen Zufall kann ich hier nicht glauben, ich denke schon, dass Fotograf Anton Schöllhorn den Bildausschnitt sorgfältig gewählt und den Auslöser kontrolliert betätigt hat in dem Wissen, dass die heraneilende Trambahn am Foto Bewegungsunschärfe aufweisen würde. So vermittelt die Aufnahme umso besser den quirligen Charakter dieses damals wohl für die gesamte Innenstadtwirtschaft wichtigen Ortes am Innkai.
Die zu den Handkarren gehörigen Boten könnten doch die beiden abgebildeten vermeintlichen Herren an der Tramstation sein. Wie Arbeiter im Logistikgewerbe damals gekleidet waren, weiß ich allerdings nicht. Die Linie 4 ist gerade vorbeigefahren, da sie dem Zweierwagen immer auf Sicht voraus fuhr, und in wenigen Minuten wird der nächste Vierer-Zug vom Saggen her anrollen und einen beladenen Güterwagen der „Haller Bötin“ Dignös bringen, der dort flink abgekuppelt und von kräftigen Händen ins Abstellgleis geschoben werden musste. Dass das von den hier Wartenden zu erledigen gewesen wäre, ist natürlich reine Spekulation.
Zur Frage, wie lange wohl die Handkarren an der Tramstation zu sehen waren: von 8. August 1905 bis 26. April 1932, denn am drauf folgenden Tag wurde der Güterverkehr auf der Linie 4 zwischen Hall und der Altstadt aufgegeben. Am 10. Juli 1939 wurde dann die nordwestliche Straßenbahnachse durch den Saggen stillgelegt und nur noch die südöstliche blieb — bis heute — übrig.
Das Foto muss aber im Zeitraum 5. November 1909—28. Dezember 1920 oder 11. März 1926—19. Mai 1926 entstanden sein, da die Linie 2 nur zu diesen Zeiten existierte.
Die Zeitdaten wusste ich nicht komplett auswändig, nur in den meisten Fällen die Jahre — diese Lücken konnten wieder mal gefüllt werden dank Walter Kreutz.