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Sommer 1914 (VIII)

Sommer 1914 (VIII)

Am 25. August 1914, dem Namenstag ihres verstorben Mannes, besuchte Margarethe mit ihren Söhnen um 8 Uhr Früh die Messe. Nachmittags unternahm sie mit den beiden und Michaeline Dankl (genannt „Mischi“) einen Ausflug auf die Hungerburg. Sie jausneten im Seehof und während Karl und Alexander mit einem Ruderboot eine Runde auf dem künstlichen See drehten, zeigte Michaeline ihrer Freundin ein Telegramm ihres Mannes, das eben eingetroffen war. Es lautete ungefähr so: „Großer Sieg über die Russen am 23-24, 3.000 Gefangene, etc.“ O-Ton Margarethe: „Wir waren sehr glücklich darüber.“ Das Telegramm bezog sich auf die – für die Habsburgermonarchie erfolgreiche – Schlacht bei Kraśnik. Als Kommandant der k. u. k. 1. Armee spielte Viktor Dankl dabei eine zentrale Rolle.

Margarethe nahm auch in den folgenden Tagen in ihrem Tagebuch immer wieder Bezug auf den Kriegsverlauf. Sie studierte täglich die Zeitungsberichte und war angesichts der diversen Erfolgsmeldungen recht zuversichtlich. So notierte sie etwa am 26. August: „Namur ist gefallen, der Weg nach Paris ist frei. Gott gebe, daß die Deutschen bald dort sind u. segne unsre Waffen.“ An der Ostfront war zwar die Schlacht bei Kraśnik am 25. August 1914 beendet worden, aber eine Entscheidung hatte sie nicht gebracht. „Zeitung meldet einen großen Teilerfolg Dankls […] aber noch keine Entscheidung“, vermerkte sie am 30. August 1914. Auch begann Margarethe bereits drei Tage zuvor damit für die Soldaten Socken zu stricken – ein Anzeichen dafür, dass die Hoffnung, dass der Krieg spätestens im Herbst 1914 zu Ende sein werde, zu schwinden begann …

Daneben ging aber auch noch Ende August der Alltag seinen gewohnten Gang. Margrethe besuchte regelmäßig die Messe, ging in die Stadt, kaufte ein (u.a. Blumen und Zeitungen), spielte mit ihren Söhnen oder ging mit ihnen ins Kino, musizierte, legte Patiencen, führte ihr Tagebuch und kümmerte sich um den Haushalt. Am 31. August hatte sie Sigmund Freiherr von Schneeburg (1873-1932) zum Mittagessen eingeladen. „Gerade als er ging, war ein ziemlich heftiges Erdbeben, das aber Gottlob sich nicht wiederholte.“ In der Abend-Ausgabe des Allgemeinen Tiroler Anzeiger hieß es dazu:

Heute zirka um halb 3 Uhr nachmittags wurde in Innsbruck ein ziemlich bedeutender Erdstoß verspürt. Ein Freund unseres Blat­tes berichtet uns hierüber: Ich wohne auf dem Höttinger Gelände gegen den Grammart­boden [sic] zu. Wie gewöhnlich machte ich heute nachmittags ein kleines Mittagschläfchen, als ich durch eine seltsame Unruhe aufgescheucht wurde. Als ich zu mir selber kam, verspürte ich ein eigentümliches Rollen, das mir von Westen nach Osten zu kommen schien. Gleich­zeitig begann das ganze Zimmer – ich wohne im ersten Stock – derart sich zu bewegen, das ich halb ängstlich, halb verwundert zur Zimmerdecke emporsah, ob sie nicht jetzt und jetzt einstürze. Schon eile ich in die Küche, um meine Frau, die sich gerade dort aufhielt, und mich eventuell auf den Balkon in größere Sicherheit zu bringen. Doch es folgte keine Wiederholung eines, wie ich befürchtete, noch heftigeren Stoßes. Inzwischen erzählte mir meine Frau, daß auch in der Küche sich alles lebhaft bewegte und Gläser und Geschirre laut aneinanderschlugen. Auch mein Haus­herr, der im Parterre wohnt, erzählte mir nachträgich, daß er den Stoß sehr stark ver­spürte, nur meinte er, daß die Richtung des Bebens Nord-Süd gewesen sei. Auch er wür-de aus dem Mittagschläfchen gerüttelt. – Die­sem Berichte zufolge scheint das Erdbeben, wie leicht erklärlich, in der Umgebung heftiger verspürt worden zu sein als in der Stadt selbst, denn auch vom Schillerhof, von Hall usw. sind uns Meldungen zugekommen, daß sie das Erdbeben wahrnahmen. Auch in der Stadt wurde das Erdbeben fast allgemein bemerkt.

ATA, 31.8.1914, 2.

(Titelbild: StAI, Ph-Pl-916 / Text: TB Margarethe von Zepharovich, Privatbesitz)

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