Anno 1809 im Jahr 1929
Beim Stöbern durch die Bestände bin ich neulich über mehrere Fotos gestoßen, die nach einem Nachstellen von Szenen der Bergisel-Schlachten von 1809 aussahen: mit allerlei Waffen bewehrte Männer und Frauen, die sich in Schützentracht in Pose werfen. Die Bilder stammen aus der Sammlung Richard Müller und sind mit 1929 datiert. Ansonsten sind keine Informationen dazu vermerkt.
Sofern die Datierung richtig ist, dann handelt es sich bei den Bildern wohl um Aufnahmen, die im Rahmen der Filmaufnahmen zu dem Historiendrama „Andreas Hofer“ von Hans Prechtl entstanden sind. Prechtl drehte den Film über den Tiroler Freiheitskampf 1809 zwischen April und Juni 1929 an mehreren Orten in Tirol. Die regionale Presse berichtete darüber mehrfach und ausführlich. Besonders skurril ist die Beschreibung der Dreharbeiten in Sölden, wo man auf der Suche nach einer geeigneten Szenerie für den Verrat Hofers auf der Pfandleralm im Winter 1810 gelandet war:
„Es war bei der fortgeschrittenen Jahreszeit und der damit bedingten Ausaperung nicht leicht, eine winterlich verschneite Almhütte zu finden, bei der die Gefangennahme Andreas Hofers möglichst getreu nach den historischen Vorbildern gekurbelt werden konnte. Die Hütte musste noch im Waldgebiet, im unberührten von keiner Ski- und Fußspur durchzogenen tiefen Schnee liegen, und auch das Dach sollte noch einen mindestens 30 bis 40 Zentimeter hohen Schneebelag aufweisen.“
Innsbrucker Nachrichten, 2. April 1929
Ähnlich bedacht war man bei der Auswahl der übrigen Drehorte in Kundl, Steinach, Hall und Innsbruck, wozu auch ein eigener „Kunstausschuss“ eingesetzt wurde, der die historische Authentizität des Filmes garantieren sollte, wobei diesem mit Bruder Willram durchaus auch Persönlichkeiten angehörten, die nicht unbedingt für eine rein wissenschaftliche Betrachtung von Vergangenheit und Gegenwart bekannt sind.
In Innsbruck drehte man in der Kiebachgasse, der Hofkirche, dem Volkskunstmuseum und natürlich am Bergisel. Für die Schlachtszenen, die am 9. Mai dort gedreht wurden, wurde das Gebiet weiträumig abgesperrt, damit die etwa 3.000 Teilnehmer:innen in Szene gesetzt werden konnten. Eine Beschreibung des Tages findet sich hier:
Die Premiere feierte der Film schließlich im Oktober desselben Jahres in München. Wenig später folgte die Österreichpremiere in Innsbruck mit geladenen Gästen. Im November wurde der Film dann dem allgemeinen Publikum gezeigt. Er lief unter anderem im Triumph- und dem Zentralkino. Während die Kritiken in der deutschen und überregionalen Presse teils eher verhalten bis negativ waren, lobten die Tiroler Nachrichten die Verfilmung in den höchsten Tönen, nicht zuletzt indem man die Figur Hofers zur Hoffnungsfigur für die aktuelle Zeit machte.
Das Filmwerk, dessen langsames Entstehen man in Tirol mit Interesse und Begeisterung miterlebt hat, ist wider alles Erwarten gut geglückt und trifft uns gerade in einer Zeit, erfüllt von neuem Geist, in einer Zeit, in der das Wort Heimat wieder neuen Klang bekommen hat. Es erinnert uns daran, daß alle Stürme ruhmreiche Vergangenheit und wahres Heldentum nicht wegfegen konnten, und bringt uns zum Bewuußtsein, wie uns alle Schicksalsschläge nur noch fester mit dem vaterländischen Ideal verknüpfen. Eine mehr als hundertjährige Brücke führt aus der Historie in die jüngste Vergangenheit, die uns so vieles genommen hat, woran innige Heimatsliebe hing. So wird uns Andreas Hofer zu strahlendem Symbol.
Tiroler Anzeiger, 22.11.1929
(Stadtarchiv/Stadtmuseum RM-PL-691, 692, 694)
„Familiengeschichte“:
Bei dieser berühmten „Filmschlacht am Lemmenhof“ durfte meine Schwiegermutter Hedwig Stepanek geb.Gasser, 1.6.1898 – 17.10.1978, einem „dahinsterbenden Krieger“ den letzten Labetrunk darreichen! Jawohl!!!
Familiengeschichten….