Am Thomasmarkt
Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Thomasmarkt ein fester Bestandteil des Innsbrucker Marktlebens. Alljährlich im Dezember lockte er zahlreiche Besucherinnen und Besucher in die Stadt. So berichtete etwa der Allgemeine Tiroler Anzeiger am 14. Dezember 1908:
Der heutige Markt, als der größte Jahrmarkt Innsbrucks, wurde sehr stark besucht; schon in den früheren Morgenstunden brachten die Züge von Oberinntal, sowie aus dem Unterinntal geradezu massenhaft Marktbesucher. Gestern nachmittags lagen schon zu Hunderten die verkaufsbereiten Schweine auf dem Marktplatze. Auch der Vieh- und Krämermarkt war sehr stark von Käufern besucht. Das Schweinefleisch wurde in den Morgenstunden noch immer zu dem hohen Preise in ganzen Stücken zu 1 K 80 h bis 1 K 40 h, in ausgewogenem Zustande wurde [für] das Kilo zu 1 K 70 h und 1 K 80 h verlangt. Fisolen wurden per 1 Staar = 18 Kilogramm, zu 6-8 K [das entspricht rund 45 bis 60 Euro] verkauft, Türken 3 K 60 h und darüber.
Allgemeiner Tiroler Anzeiger, 14.12.1908, 4.
Im Jahr darauf lesen wir im gleichen Blatt:
Das ist heute das richtige Wetter für den „Fackenmarkt“; ordentlich kalt und trocken. Derselbe ist in allen seinen Zweigen gut bestellt; nur Schweine wurden gegen andere Jahre weniger aufgeführt. Die Preise pro Kilo Schweinfleisch hielten sich vormittags zwischen 1 K 68 h und 1 K 80 h. Das Star Fisolen (weiß) 5 K 40 h [das entspricht rund 40 Euro], das Star Erbsen 6-7 K und der Türken 3 K 40 h. Der Viehmarkt behauptete die Preise der letzten Märkte. Einen genaueren Marktbericht tragen wir morgen nach.
Allgemeiner Tiroler Anzeiger, 13.12.1909, 4
Auf unserer leider undatierten Aufnahme ist der Schweinehandel am Thomasmarkt gut zu erkennen. Die Schweine liegen aufgereiht im Schnee, neugierig beäugt von den Marktbesucherinnen und -besuchern.
(StAI, Ph-39228, Geschenk Toni Walder)
Ich weiß nicht, wie es anderen Teilnehmern geht, aber für mich ist dieses Bild mit den aufgereihten Schweinen eine noch größere Überraschung als manches der hier oft präsentierten städtebaulichen Gustostücke. Ein absolut verschwundenes Bild. Dabei geht es mir um Himmelswillen nicht um tierschützerische Pflichtempörung, Fleischkonsum Pflichtempörung oder ähnliches, mich plagt die Frage. Was tut man mit dieser Menge? Auch wenn am Foto etliche Frauen zu sehen sind, Hausfrauen, auch wohlhabend verheiratete, werden sich kein ganzes Schwein gekauft haben, Wirtsleute binden auch nicht gerne Personal mit Zerlegungsarbeiten. Bleiben die Mezger. Da die Kühlgeräte damals aber nicht das selbe waren wie heute, muß das meiste (??) in Speck, Räucherschinken und Geselchtes verwandelt worden sein. Oder weiß da jemand Genaueres?