Von Elefanten und Krokodilen (Abessinien Teil 16)
Bevor Erwin Hammerle und seine Reisegruppe die Reise auf dem Nil antraten, verbrachten sie noch einige Tage in Roseires, wo sie sich mit Zeichenarbeiten beschäftigten und die Tage bei gutem Essen, Getränken und guter Nachtruhe schnell vergingen.
Zwischendurch hatten sie auch das Vergnügen, die in Rosaires gesammelten Tiere für den Zoologischen Garten von Karthoum zu besichtigen. Darunter befanden sich: „ein wirklich drolliger etwa 2 Monate alter Elefant, einige leichtfüßige Gazellen, eine Giraffe mit ihren großen Glotzaugen im so ‚hoch‘ gestellten grotesken Kopf; ein merkwürdiger Bastard, halb Schaf, halb Ziege und schließlich in einem Käfig 2 fauchende junge Geparden mit prächtigem leopardenähnlichen Fell und tiefen, vollen Augen im charakteristischen vierschrötigen Katzenschädel.“ (Ausschnitt aus dem Brieftagebuch vom 20.07.1930)
Die Fahrt auf dem Nildampfer war für die Reisenden anfangs etwas abenteuerlich, da sie zuvor gehört hatten, dass ein neuer Dampfer kurz zuvor bei einem unglücklichen Steuermanöver gekentert und dann blitzschnell untergegangen war. Mit dieser Geschichte im Hinterkopf waren die Reisenden zunächst etwas verunsichert, da der Dampfer auch in der Nacht fuhr und sie bei dem herrschenden Hochwasser und den vielen Krokodilen doch etwas unruhig schliefen. Irgendwann legte der Dampfer dann aber doch an und sie übernachteten wohlbehalten.
Wahrscheinlich trug es nicht zur Beruhigung der Gemüter bei, die Krokodile am Tage zu sehen.
„…wir [konnten] zahlreiche Krokodile, darunter 4-6m lange Kerle, beobachten, die mit weit aufgesperrten, dräuenden Mäulern auf Sandbänken oder am Ufer in der Sonne lagen. Durch die grausigen Zahnreihen, aus denen sie sich ruhig von Vöglen die ‚Speißesreste‘ holen ließen, konnte man oft tief in den Schlund dieser unheimlichen Riesenechsen sehen.“ (Ausschnitt aus dem Brieftagebuch vom 20.07.1930)
Nach drei Tagen auf dem Nil erreichten sie Er Sukki. Von dort ging es abends mit dem Zug nach Khartum. Es war ein großer Schritt in Richtung Luxus, da sie in der ersten Klasse reisten. Auch der Unterschied zum Zug von Djibouti nach Addis Abeba war groß, Hammerle schrieb, dass die 1. Klasse des abessinischen Zuges nicht so sauber gewesen wäre wie die 3. Klasse des Zuges des englischen Sudan.
„Hier gibt es wundervoll polierte Vertäfelungen in schönen Abteilen, die mit bequemen ledergepolsterten Klubsesseln ausgestattet sind; ferner mit Klapptisch, und Wandventilator, elektrischem Licht, Wandspiegel, Teppich usw. Es gab Doppelfenster gegen Hitze und Sandsturm, davon war die eine Scheibe aus angenehm lichtdämpfendem Blauglas.“ (Ausschnitt aus dem Brieftagebuch vom 21.07.1930)
Am Abend kamen sie in Maquar an und verbrachten die Nacht im Waggon. Um eine komfortable Übernachtung zu gewährleisten, wurden die Sitzabteile in elegante, blitzsaubere, schneeweiße Betten umgewandelt.
Bevor die Reise am nächsten Tag fortgesetzt wurde, konnten sie noch den Sennar-Damm am Blauen Nil besichtigen, den sie am Abend zuvor mit dem Zug passiert hatten.
Die weitere Fahrt führte durch die Ebene zwischen dem Weißen und dem Blauen Nil, wo riesige Bewässerungsanlagen die Wüste in fruchtbares Land verwandelt haben. Teilweise konnten die Reisenden noch die riesigen Bagger sehen, die die Kanäle aushoben. Da sich die Trockenzeit gerade dem Ende zuneigte, war von der Fruchtbarkeit des Landes nicht mehr viel zu sehen, dafür wurden sie immer wieder von einer Fata Morgana verblüfft, die sie in der hitzeflimmernden Ebene sehen konnten.
Entlang der Bahnlinie sahen sie auch immer wieder die Häuser der Bahnarbeiter. Sie waren in der landesüblichen Rundbauweise gebaut, hatten ein weißes Dach und einen Rauchabzug auf der Spitze des Kegeldaches und waren in Reihen angeordnet.
Am Abend des 22.07.1930 erreichten sie Khartoum. Wo ihre Reise ein vorläufiges Ende fand.
Amelie Sturm (Stadtarchiv/Stadtmuseum, SammelA501, Ph-Pl-3100)