Das etwas andere Etablissement
„Siehe in Innsbruck gibt es eine Fülle von Gästen und eine große Anzahl von Liebesdienerinnen.“ Diese Zeilen stammen aus einem Reisebericht zweier Gesandter aus Italien an Herzog Friedrich IV., datiert mit dem Jahr 1428. Hierbei handelt es sich um den ältesten überlieferten Nachweis von Prostitution in Innsbruck. Es ist immer wieder interessant zu erfahren, was den Touristinnen und Touristen der Stadt Innsbruck nach ihrem Besuch in Erinnerung bleibt, sowohl damals wie heute. Werfen wir nun einen Blick auf diesen, wenn auch etwas anrüchigen, Wirtschaftszweig.
Das stadteigene Bordell wurde zu Beginn seiner Existenz unter dem Namen „Frauenhaus“ geführt. Viele mittelalterliche Städte verfügten über ein Gebäude, das von registrierten Prostituierten bewohnt, und von den sogenannten Frauenwirten, die sowohl männlich als auch weiblich sein konnten, geführt wurde. Wo genau sich das Bordell in Innsbruck befand, ist nicht eindeutig überliefert. Eine Urkunde aus dem Jahr 1348 erwähnt allerdings ein „Vielleute Haus“ in der Schlossergasse 7, womit das Frauenhaus gemeint sein könnte. Wir können folglich nicht genau feststellen, wann die ersten Bordelle in Innsbruck eröffnet wurden, ebenso wenig können wir eindeutig sagen, wann sie wieder geschlossen wurden. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts kam es im deutschsprachigen Raum allgemein zu einem Rückgang des Bordellgeschäfts, weshalb die meisten geschlossen wurden. Die Vermutung liegt nahe, dass auch die Innsbrucker Etablissements dieses Schicksal ereignet hat. Um 1900 verzeichnet man erstmals wieder offiziell gemeldete Prostituierte.
Über den Alltag in den Bordellen ist wenig bekannt. Die Frauenwirte hatten auf die Einhaltung der „Frauenhausordnung“ zu achten. Verheiratete Männer, Kleriker und Juden war der Besuch der Einrichtungen verboten (ein Schelm, wer Böses denkt). Die allgemeine Sperrstunde musste eingehalten werden. Die Freier hatten das Haus entweder rechtzeitig zu verlassen oder mussten vor Ort übernachten. Das Leben der Damen war alles andere als rosig, denn sie standen in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis zum Hausherren oder zu der Hausdame und mussten für Kost und Logis sowie für Kleider und Kosmetika bezahlen. Die zusätzliche physische und psychische Belastung, mit der die Damen konfrontiert waren, ist für uns kaum vorstellbar.
In den oberen Stockwerken befanden sich unbeheizte Kammern mit Strohbetten, die zu intimer Zweisamkeit einluden. Natürlich waren nur heterosexuelle Handlungen erlaubt. Alles, was über die „Missionarsstellung“ (das muss ich jetzt hoffentlich nicht erklären) hinausging, wurde geahndet und im schlimmsten Fall mit dem Tod durch Verbrennen bestraft. Im Jahr 1918 waren offiziell 45 Prostituierte gemeldet, 130 hingegen waren illegal tätig. Dass diese hohe Zahl an nicht gemeldeten Damen dem zeitgenössischen Gesundheitsamt Schweißperlen auf die Stirn trieb, ist vermutlich keine große Überraschung. In den Freudenhäusern wurde zudem auch das ein oder andere krumme Ding gedreht, das bezeugt der Ausschnitt aus der Gerichtszeitung vom Juli 1930, den ich Ihnen mitgebracht habe. Was sich im Fall Maria K. wirklich ereignet hat, werden wir wohl nie erfahren.
(Verena Kaiser)
(Foto: Innsbrucker Nachrichten, Nr.149, 2.7.1930, S.6)