Innen- und Außenansicht der Stadtsäle
Die abgebildete „Gruß aus Innsbruck“ Postkarte ist am 14. September 1900 gelaufen. Auf der Karte sind zwei Abbildungen vorhanden. Die Illustration auf der oberen Hälfte der Postkarte zeigt den Blick von der Kreuzung Universitätsstraße / Rennweg auf die am 6. November 1890 eröffneten Stadtsäle und das am 19. April 1846 eröffnete Stadttheater. Vor den Stadtsälen sieht man eine eingezäunte Gartenanlage mit dem Leopoldsbrunnen, eine Straßenlaterne sowie einige Passanten. Der bis Anfang des 20. Jahrhunderts bestehende, mit Laternen gesäumte Grünstreifen an der Seite des Rennwegs, der die Fahrbahn und den Fußgängerbereich abtrennte, ist auf dieser Ansicht noch vorhanden. Eine Pferdekutsche fährt an der Hofburg vorbei den Rennweg entlang.
Die zweite Abbildung, rechts auf der unteren Kartenhälfte, zeigt eine auf Postkarten eher selten zu findende Darstellung: Es handelt sich dabei um eine Innenansicht des großen Stadtsaals, der mit einer Galerie, einer großen Orgel, Stuckaturen und einem Kronleuchter ausgestattet war. An zwei Ecken ist diese Abbildung mit bunten Blumen verziert. In der linken unteren Bildhälfte war in einem kleinen Textfeld zudem noch Platz für eine kurze, mit dem 14. September 1900 datierte Mitteilung.
(Stadtarchiv Innsbruck, Sommer-5-82)
Ich bitte um Entschuldigung, daß ich schon wieder meinen Senf dazugebe!
Aaaaber:
Im Krieg war der Stadtsaal Ausgabstelle für die Lebensmittelkarten. Da bin ich mit meiner Mama mitgegangen.
Eingeprägt hat sich mir, daß wir beim Seiteneingang hineingegangen sind – und dann nach links. Bevor wir zum großen Saal kamen, waren rechts 2 rundbogige Nischen, ähnlich wie „Schalter“ in der Hauptpost. Die Holzeinrahmung war in ähnlichem braunen Holz wie bei der Portierloge im Hauptpostgebäude. Auch hier waren Kistchen mit Lebensmittelkarten.
„Mama, warum holn mir die Kartn nit glei da???“ „Des geht nit. Da kriegn lei dee Frauen die Karten, dee a Poppele kriegen – oder scho oans haben!“ „I mecht aa a Poppele!“ (Ja, mancher Wunsch geht im Laufe des Lebens halt in Erfüllung..“
Also hinein in den großen Saal!
Da standen an den Seiten immer wieder Tische, blanke ungestrichene Tische, dahinter jeweils ein – oder zwei – Frauen, die in Karteikästen oder -schachteln nach Namensnennung die richtigen Lebensmittelkarten hervorzog. Wir mußten zu 2 Schaltern: „S“ für uns und „N“ für die Großmutter, die Nonna. Daß vor jedem Tisch jeweils eine lange Schlange von Frauen stand, versteht sich von selbst.
Warum ich das Ganze als eine Art Schalterhalle empfunden habe, so ähnlich wie in der Hauptpost, kann an der Galerie darüber liegen – obwohl ich nicht hinaufgeschaut und sie damals auch nicht bewußt gesehen habe…
Erinnern kann ich mich auch noch, daß wir einmal durch die Altstadt heimgegangen sind. Als ich von der Hofgasse aus in die Herzog Friedrich Straße sah, rief ich plötzlich: „Mama, was hat denn des schiache Haus? Isch dees krank???“
„Nein“, sagte meine Mama, „des Haus isch nit schiach! Des isch sogar des schönste Haus von Innschbrugg! In jeden Buach über Innschbrugg isch a Foto von dem Haus drein!“
Ich verstand nicht, wie man ein so grün-grau-braunes Haus mit überall soviel Ausschlag um die Augen schön finden konnte….
Jaaa, solche Erinnerungen kommen, wenn das Stadtarchiv eine Postkarte vom Stadtsaalgebäude hervorzaubert!
Nachtrag:
Einer der Putten – oder sagt man „Putti“?- steht oder stand doch seit Mitte der 50-er Jahre im Ferrarischulgarten herum – bei der Pergola beim Teich westlich vom Maulbeerbaum….
Weil Sie, liebe Frau Stepanek, schon die Stadtsäle mit der Lebensmittelkartenausstellung in Verbindung gebracht haben, möchte ich hier wieder einmal ein Foto meiner Lebensmittelkarte, welche in unserer Küche an der Wand hängt, unterbringen:
https://postimg.cc/PL0D1Wxt
Viel gäbe es dazu zu erzählen, diesmal aber nur im Zusammenhang mit den Stadtsälen. Hier war nämlich nicht nur die Ausgabestelle, sondern auch die Rückgabestelle für Unternehmer! In unserem Falle (Bäckerei) waren z.B. die „50 g Brot“ Marken für ein Semmele notwendig. Wenn also jemand ein Semmele kaufte, wurde so eine Markerl mit der Schere herausgeschnitten, in eine Schachtel geworfen und bis zum Monatsende mit einem selbst angerührten Papp auf eine Zeitung in leicht zählbaren Blöcken (ich glaube 10 x 10) aufgeklebt. Das war ein Einsatz für die ganze Familie!
Zum Monatsbeginn mussten diese Zeitungsblätter beim städtischen Ernährungsamt in den Stadtsälen abgegeben werden, die Menge Brot wurde mit einem Schlüssel in Mehl umgerechnet und die Bäckerei Roilo erhielt dafür einen Bezugschein für die Mehlmenge, die im darauffolgendem Monat von der Rauchmühle angeliefert werden durfte.
Die „Brotmarken“ 46 bis 52 waren jeweils für einen 1 Kilo Wecken gedacht, die namenlosen 67 bis 71 für „Sonderaufrufe“ (wenn wieder einmal mehr Mehl oder auch Sonstiges vorhanden war).
Ich musste gerade in der letzten Woche lachen, als ich das meinem Enkel erzählte! Er war nämlich sehr erstaunt darüber, dass man für die Ware auch noch bezahlen musste!
Ein schaurig – schöner Wandschmuck, Herr Roilo! Und wir können nur allen unseren Nachkommen wünschen, daß sie weiterhin so nicht recht daran glauben können (und – vor allem! – nicht daran glauben müssen!)