Ein dreifaches Hoch auf den Tierschutz
Das obiger Foto eines vor wenigen Wochen noch trockenen, inzwischen aber wieder munter sprudelnden Brunnens sandte uns kürzlich einer unserer Stammleser mit der Frage, ob uns dessen Inschrift bekannt ist. „Leider war ich nicht in der Lage selbige zu entziffern.“ Diese Anfrage machte wieder einmal deutlich, dass unsere Fotosammlung in punkto Brunnen vielleicht nicht gerade eine Wüste ist, aber bedauerlicherweise doch ziemlich versteppt. Von diesem – im übrigen denkmalgeschützten – Objekt findet sich nämlich keine einzige Detailaufnahme in unserer Datenbank. Weder am heutigen, noch am ursprünglichen Standort.
Errichtet wurde dieser Brunnen im Jahr 1911 „[a]n der Stadtgrenze Mariahilf-Kirschental beim städt. Akzishäuschen“. Nachdem Fuhrwerke dort unter Umständen länger zu warten hatten, macht dieser Standort doppelt Sinn, wenn man um die Stifter und den Zweck des Brunnens Bescheid weiß. Der laut Allgemeinem Tiroler Anzeiger vom 16. August 1911 „sehr gefällige Brunnen“ geht nämlich, ebenso wie jener am heutigen Terminal Marktplatz, auf den Tierschutzverein von Tirol und Vorarlberg zurück: „Der Brunnen ist insoferne sehr praktisch angelegt, als die Schale am Sockel den Hunden, die große in der Mitte den Pferden und am Abschluß der Säule eigens eine Schale den Vögeln köstliches Nass spendet.“ Im Zeitungsbericht nicht erwähnt ist, dass sich am Wasserzulauf wohl auch zweibeinige Viecherln laben konnten.
Die Aufschrift auf der Tränke ist den Innsbrucker Nachrichten vom 23. August 1911 zu entnehmen: „Der Gerechte erbarmt sich auch seines Tieres. Tiere schützen heißt Menschen nützen.“ Das Erbarmen der Innsbrucker Fuhrleute war offenbar so groß, dass der Brunnen aufgrund des ungebremsten Zulaufs bereits innerhalb weniger Tage beschädigt worden war. Der hochlöbliche Stadtmagistrat sah sich deshalb genötigt „folgende Warnungsaufschrift am Brunnen anbringen“ zu lassen: „Fuhrleute absitzen! Tränktiere an der Hand zum Brunnen führen! Achtung auf die Deichsel!“
Wann sich der Stadtmagistrat dazu entschloss, den Brunnen von Mariahilf nach Wilten zu dislozieren, konnte bislang noch nicht eruiert werden.
(Foto: Klaus Fischler, Ph-Dig-1279)
Wieder ein sehr informativer und aufschlussreicher Beitrag, vielen Dank lieber Herr Bürgschwentner!
Der Brunnen steht seit mindestens 70 Jahren im Beselepark, wahrscheinlich aber noch länger. Als Kind hab ich schon dort gespielt, es war aber ein langweiliger Spielplatz, eine Sandkiste, ein Rundholz als auch bald einmal fade Wippe und eben dieser Wasserspender.
Man blickt nach Süden auf die auch schon sehr lange bestehende (100+ Jahre) spätere ÖBB Werkstatt. Rechts wäre die von ihrem alten Standort auf Höhe der Pfarrkirche vertriebene Wiltenwesterner Feldkapelle.
Am oberen Ende des Brunnen gab es in den Sechzigern noch eine Art Gupf, der war irgendwann locker und wurde entfernt. Dadurch nagt der Zahn der Zeit noch mehr am oberen Ende. Statt einer Resaturierung wurde Geld lieber in abstrakten Schund investiert und „Künstler“, die im Waltherpark ihr „Unwesen“ treiben, subventioniert. Wie oft ich und meine Eltern am Brunnen vorbeigegangen sind, wäre interessant.
Dieser zunächst in Mariahilf aufgestellt gewesene Brunnen hatte dort bereits einen Vorgänger. Der Gemeinderat beschloss in seiner Sitzung vom 27. Dez. 1876, bei den Ausgaben für das Jahr 1877 auch 392 Gulden für eine „steinerne Stiege und Brunnen am Mariahilfer Quai“ zu veranschlagen. (IN, 28. Dez. 1876, S 6)
GR-Sitzung vom 28. Dez. 1885: „GR. Kerber wünscht eine Brunnenschale beim Brunnen in Mariahilf neben der Prantlhütte.“ (IN 29. Dez. 1885, S 9)
1889 ist man diesem Wunsch nachgekommen: „Der Thierschutzverein hat an 4 Brunnen (gold. Dachl, Jnnrain, Mariahilf und beim Theater) Trinkgeschirr für Hunde und auch andere Vierfüßler anbringen lassen, wie man sie auch in anderen Städten vorfindet.“ […] (IN, 28. Aug. 1889, S 4)
Im November 1889 wurde der Brunnen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Übergangstrottoirs nochmals erwähnt (IN, 8. Nov. 1889, S 6)
Ob es diesen Vorgänger-Brunnen durchgehend bis 1911 gab geht aus den Zeitungsberichten nicht hervor. Am 16. August 1911 jedenfalls erscheint im ATA auf Seite 3 der oben von Herrn Bürgschwentner verlinkte Artikel über die Errichtung des „Nachfolgers“. Dieser in Kunstsandstein ausgeführte Wasserspender wurde mehrmals beschädigt, wobei im August 1912 von „über den Haufen gefahren“ (ATA, 19. Aug. 1912, S 4) und im Jänner 1914 von „umgestürzt und unbenutzbar“ (IN, 24. Jän. 1914, S 3) die Rede war.
Der Tierschutzverein hatte daraufhin offensichtlich keine Lust auf weitere Reparaturen und beantragte die „Versetzung des dem Vereine gehörigen Brunnens in Mariahilf in den Park beim städt. Hauptfriedhof. Es wurde beschlossen, den Brunnen dorthin zu bringen und gegen eine Abfertigung Von 100 Kronen in die städt. Verwaltung zu übernehmen. Der Tierschutzverein wird an Stelle des Brunnens einen Pferdetränktrog errichten.“ (IN, 21. März 1914, S 6)
Im Mai 1914 heißt es: […] „Nach der letzten, heuer im Frühjahre erfolgten Zerstörung, wurde er nun ganz entfernt. Er liegt jetzt im Parke hinter dem städtischen Friedhofe.“ (ATA, 12. Mai 1914, S 3)
Noch im selben Monat: „(Ein neuer Brunnen in Mariahilf.) Am Dienstag wurde über Veranlassung des Tierschutzvereines in Innsbruck in Mariahilf nächst dem städt. Gefällsaufseherhäuschen ein neuer Brunnen aufgestellt. Der Trog besteht aus Steingutmasse und trägt die Inschrift ‚Tierschutzverein‘. Da dieser Brunnen stark gebaut zu sein scheint, dürfte er manche Folgen unachtsamer Fuhrleute eher bestehen als der frühere Brunnen. Immerhin wird es aber gut sein, den Brunnen zu schonen. (IN, 22. Mai 1914, S 3)
Aus der GR-Sitzung vom 10. Juli 1914 wird protokolliert: „Zur Herstellung der Wasserleitung für einen Brunnen im Parke westlich vom Hauptfriedhofe wurde ein Betrag von 2942 Kronen bewilligt. Der Brunnen wird an der südlichen Ecke des Parkes aufgestellt werden.“ (IN 11. Juli 1914, S 29)
Damit war die Voraussetzung geschaffen, dass auch hier Wasser sprudeln konnte: „Der Friedhofpark hat den Brunnen erhalten, der früher, beim Akzishäuschen in Mariahilf stand, aber dort wiederholt umgeworfen wurde. Die vielen Besucher des Parkes begrüßen diese Aufstellung.“ (ATA, 2. Sept. 1914, S 12)
Ziemlich drangsaliert und trotzdem oder deswegen (?) recht widerstandsfähig kann der alte Brunnen nächstes Jahr sein 110-jähriges Platzjubiläum am Besele feiern. Ein echtes „Stehaufbrünnchen“.