Einheit in der Vielfalt – Vielfalt in der Einheit – Teil I
Nicht nur den Sammlern und Flohmarktgängern unter Ihnen wird diese Postkarte bekannt vorkommen. Man findet sie wie Sand am Meer. Dennoch eröffnet sich bei genauerer Betrachtung eine Vielfalt, die man so nicht erwarten würde. Und bevor Sie sich nun fragen, was das alles mit Innsbruck zu tun hat – nur Geduld 😉
Das Jahr 1908 stand in der Habsburgermonarchie ganz im Zeichen des 60. Regierungsjubiläums Kaiser Franz Josephs (1830-1916), das der Monarch am 2. Dezember 1908 beging. Eigens für diesen Anlass entwarf Koloman Moser (1868-1918), einer der bedeutensten Künstler der späten Habsburgermonarchie, die oben abgebildete Jubiläumskorrespondenzkarte. Die Ausführung übernahm der Kupferstecher Ferdinand Schirnböck (1859-1930), der auch für die Briefmarkenserie zum 60. Thronjubiläum verantwortlich zeichnete.
Gemäß der Verordnung des k. k. Handelsministeriums vom 7. August 1908 wurden“[d]ie Jubiläums-Korrespondenzkarten in zwei Typen aufgelegt, von denen die eine für den allgemeinen Verkehr bestimmt ist, während die zweite nur im Bezirke der Prager Jubiläumsausstellung (Sprengel der Handels- und Gewerbekammer Prag) zur Ausgabe gelangt.“
Die bereits zitierte Verordnung des k. k. Handeksministeriums enthält auch eine detailierte Beschreibung der Karten:
„Die eine Seite der Karte zeigt in Kupferdruck in tiefbrauner Farbe das Portrait Seiner kaiserlichen und königlichen Apostolischen Majestät aus dem Jahre 1908. Rechts und links vom Bilde sind Ansichten der Wiener Hofburg und des Schlosses Schönbrunn beziehungsweise auf den für die Prager Jubiläumsausstellung bestimmten Karten Ansichten der Burg Karlstein und des Hradschin in Prag angebracht. Die vier Eckräume sind mit Ornamenten geziert, die Motive aus dem österreichischen Wappen zeigen. In sechseckigen Vignetten sind unten zu beiden Seiten die Jahreszahlen 1848 und 1908, am oberen Rande ein Lorbeer- und ein Eichenzweig angebracht. An der Basis steht in einer Schriftzeile die Legende: ‚FRANCISCUS JOSEPHUS I. D. G. IMP. AUSTR. REX BOH. GAL. ILL. ETC. ET AP. REX HUNG.‘
Für die auf der anderen Seite der Karte abgedruckte 5-Hellermarke ist das Markenbild der 30-Hellermarke der gegenwärtigen Briefmarkenemission mit dem Porträt Seiner kaiserlichen und königlichen Apostolischen Majestät aus dem Jahre 1848 verwendet. Bei den zum allgemeinen Verkehr bestimmten Karten befindet sich das Werzeichen in der rechten oberen Ecke, links davon ist die Aufschrift: ‚Jubiläums-Korrespondenzkarte‘; die sprachliche Ausgestaltung dieser Karten entspricht derjenigen der gewöhnlichen Korrespondenzkarten. Die anderen Karten tragen das Wertzeichen in der Mitte des oberen Randes und rechts und links davon die Aufschrift: ‚Jubiläums-Ausstellung Prag 1908, Korrespondenzkarte‘ in böhmischer und deutscher Sprache. Der Druck auf dieser Seite erfolgte mittels Buchdruckverfahrens, und zwar in grüner Farbe.“
Rückseite einer für die Prager Jubiläumsausstellung bestimmten Karte, die postalisch innerhalb von Prag gelaufen ist. Was es mit dem roten Stempel auf sich hat, erfahren Sie hier in Kürze …
(Quelle: Privatbesitz)
Sehr interessant! Das war die allererste Postkarte, welche ich auf einem Flohmarkt gekauft habe……
Von dieser Karte gibt es auch noch Varianten mit einem Zudruck von 1914.
Einige Varianten sind sogar dreisprachig bedruckt! Nämlich mit
Jubiläumskorrespondenzkarte
Jubilejska dopnisica
Cartolina Postale de Giubileo
Ein Exemplar dieser dreisprachigen Variante befindet sich auch in den Sammlungen den Museums für angewandte Kunst in Wien:
https://sammlung.mak.at/en/collection_online?id=collect-351804
Wobei die Karte im MAK mit dem Katalogeintrag „anlässlich des 60. Geburtstages von Kaiser Franz Joseph“ natürlich falsch katalogisiert ist.
Diese wundervolle Jugendstil-Karte wurde vom 18.8. bis 31.12.1908 ausgegeben. Ein millionenfacher Bestseller, insgesamt wurden unglaubliche 4 Millionen Exemplare verkauft. Immer wieder ein schöner Fund für die vielen Sammler und Sammlerinnen bzw. Flohmarktgänger und Flohmarktgängerinnen…..
Die ornamentale Umrahmung und die Veduten stammen von Koloman Moser, das Kaiserporträt von William Unger, der Stahlstich von Ferdinand Schirnböck.
Womit wir auch schon beim Innsbruck-Bezug wären, welcher im Text noch nicht erwähnt wurde: Der Maler William Unger wurde nämlich am 11. September 1837 in Hannover geboren und starb 1932 in Innsbruck!
1928 erschien William Ungers Autobiografie „Aus meinem Leben“.
Wie man in den Adressbüchern nachlesen kann, lebte seinerzeit Studienrat Emil Holzinger, Professor und Fachvorstand an der Lehranstalt für Hochbau und Gewerbe in Innsbruck. In den 1920er-Jahren wohnte er in der Kaiser-Franz-Josefstraße 14.
Er war mit Elsa Unger, der Tochter von William Unger verheiratet. Sie kümmerte sich um ihren Vater und sorgte für ihn, als er wegen den Nachwirkungen einer schweren Erkrankung ständig nach Innsbruck zog.
So kam es, dass der Schöpfer des Kaiserporträts in Innsbruck wohnte und starb.
Vielen Dank lieber Herr Auer für diese interessanten Ergänzungen – die dreisprachige Variante ist mir in freier Wildbahn bislang noch nicht untergekommen 😉 Sie dürfte wohl im Küstenland zur Ausgabe gelangt sein.