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Zwei RadfahrerInnen Für Ein Kleinvieh

Zwei RadfahrerInnen für ein Kleinvieh

Das schon seit einiger Zeit leuchtendrote Häuschen zwischen der Start- bzw. Landebahn des Flughafens und dem Inn dürfte so manchem vorbei Radelnden, Laufenden oder – mit und ohne Kleinvieh – Spazierenden aufgefallen sein. Und vielleicht stellte sich der eine oder die andere gar die Frage, was das doch etwas abgelegene Gebäude dort macht.

An dieser Stelle befand sich seit 1908 und 1976 eine Fußgängerbrücke über den Inn (zur Entstehungsgeschichte morgen mehr). Weil die die Errichtung aus Privatmitteln finanziert worden war, durfte der Erbauer – der Wirt des Gasthauses Kranebitten – eine Gebühr einheben. Für diesen Zweck wurde neben der Brücke das auch am obigen Bild ersichtliche „Bruggenhäusl“ bzw. „Mauthaus“ errichtet.

Gebührentafel der Mautbrücke Kranebitten – Völs, wohl aus dem Jahr 1968

In unserer Bilddatenbank findet sich eine Aufnahme der Gebührentafel, wohl aus dem Jahr 1968. Was man daraus ablesen kann? Zum einen, das geschlechterspezifisches Formulieren keine völlige Erfindung des 21. Jahrhunderts ist; schon damals gab es Radfahrer und (innen). Im Vergleich zur gehenden Person, kostete das Rad demnach 20 Groschen. Beim Großvieh und beim Kleinvieh, gab es hingegen keine Preisunterschiede (zählten Hunde eigentlich zum Kleinvieh?). Und der schlaue Bauer konnte sich wohl ausrechnen: Ab 5 Stück Vieh zahlte es sich aus, selbige in einen Anhänger zu laden und per Traktor zu verliefern anstatt sie über die Brücke zu treiben und einzeln – inklusive der ein bis zwei benötigten Viehtreiber – zu vergebühren. Oder zahlte man die Personen sowieso zusätzlich zu den Fahrzeugen? Fragen über Fragen. Heute gäbe es zu dieser Tafel sicher mehrseitige AGBs…

Gibt es vielleicht auch unter dem p.t. Publikum Personen, die Geschichten über die Benutzung der Brücke und das Prozedere dieser Maut erzählen können, die für mich als Spätgeborenen ja äußerst kurios anmutet?

Das Ende für die Mautbrücke kam im übrigen Mitte der 1970er-Jahre. Weil im Zuge des Autobahnbaus eine neue Zubringerbrücke von Kranebitten nach Völs errichtet wurde – die in weiser Voraussicht auch für die fußgehende und radfahrende Bevölkerung (sowohl mit als auch ohne Klein- und Großvieh) geplant worden war – und zeitgleich die Familie Rimmel 160.000 Schilling (das entspricht heute ca. 36.000 Euro) in die Erhaltung der baufällig gewordenen Mautbrücke investieren hätte müssen, wurde selbige im März 1976 abgetragen. Ein „beliebter Übergang über den Inn und ein Stück Romantik“ fielen damit der Vergangenheit anheim, wie die Tiroler Tageszeitung am 19. März 1976 berichtete.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-30697, Ph-30698)

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
  1. Die Tafel habe ich noch in guter Erinnerung. Die Preise waren zwar nicht in Stein gemeißelt, aber auch eine Emailtafel wie diese sorgte für lange stabile Preise. Ich glaube, seit den 50ern. „Ein- und Zweispänner“, aber auch „Beiwagenmaschinen“ lassen diesen Zeitraum vermuten, ebenso das Fehlen von Mopeds, die als Motorräder zu gelten hatten. Den Inflationsverlust der emaillierten Fixpreise machte die zunehmende Motorisierung mehr als wett.

    Die Passage der Mautstelle war für Radler, pardon Radler und Radlerinnen, und für Fußgänger(innen) durch ein einfaches Holztor möglich, welches bis zur Bezahlung der Maut mittels einer Eisenstange versperrt war. Die Mautnerin – ich sah immer die gleiche Frau im Erker sitzen – brauchte diese ohne aufstehen zu müssen nur zurück zu ziehen. Federscharniere brachten das Tor automatisch zurück in die Nullstellung. Nur für die anderen Kategorien mußte die gute Frau sich erheben und ein großes Tor öffnen und schließen.

    Ich fuhr als Bub mit dem Fahrrad mit den Eltern zusammen manchmal die Runde Karwendelbrücke – Kranebitten – Völs und retour (oder umgekehrt) und bezahlte dann mit einer 50 Groschen Aluminiummünze. Über den Völserbichl mußte man das Rad schieben.

    1. Ja Herr Hirsch, genauso kenne ich ihre Schilderung auch.
      Ein guter Freund und ich erwarben ein Motorboot mit einem 30 PS Außenborder und ließen das Boot am damals noch existierenden aus Beton bestehenden Boot Startplatz, der sich ca. 100 Meter vor dem jetzt roten Mauthäuschen befand, in den Inn und starteten die Fahrt Richtung Westen. Die Brücke war schon abgetragen, aber wir wussten nicht, dass vom Fundament der Brückenpfeiler, in relativ geringer Tiefe, Eisenteile nach oben standen. Wir streiften mit dem Motor ein solches Eisenteil und dadurch wurde die Antriebswelle Unwucht und somit war unsere geplante Fahrt schon wieder zu Ende. Ich muss aber noch anfügen, dass unser Boot bei der Behörde registriert war.

  2. Die Mauttafel war zumindest in den frühen 90ern noch zu sehen, auch die Pfahlgründung der Pfeiler reicht bei Niederwasser immer noch heraus, erschreckend aber wie sehr sich der Inn ein gegraben hat.

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