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8 Monate Anno 1902 (27)

8 Monate anno 1902 (27)

Heute zitiert Marie wie so oft aus religiösem Liedgut. Und zwar eine Strophe des französischen Hymnus‘ „La Garde d’Honneur“: „Aus seiner tiefen Wunde / Fluten der Liebe entkommen, / Jesus gibt ohne Maß / Seine Schätze an diesem schönen Tag!“ Der Hymnus wurde 1864 für die ein Jahr vorher von den Salesianerinnen gegründete, gleichnamige Bewegung komponiert. Diese Herz-Jesu-Bewegung verbreitete sich in den den folgenden Jahrzehnten rasch im katholischen Europa. Für die Mitglieder wurde ein eigenes Handbuch veröffentlicht. Hier zeigt sich die nachhaltige Wirkung von Maries Erziehung bis 1897 in dem von den Salesianerinnen geführten Kloster Thurnfeld.

6. Juni 1902, Herz-Jesu-Freitag.

„De sa profonde blessure

S’échappent des flots d‘amour,

Jésus donne sans mesure

Ses trésors en ce beau jour!“

Wohl habe ich dergleichen Gedanken erwogen, doch ich wollte nicht recht anfragen um die Erlaubnis, heute nach Thurnfeld gehen zu dürfen, zumal hätte ich doch schon die Predigt versäumt gehabt. Also blieb ich daheim. Nachmittags gieng der lb. Onkel Nicolaus fischen; wir Frauenzimmer jedoch unternahmen einen Spaziergang ins „Brückenwaldele“. Das Wetter war gut, desgleichen die allseitige Stimmung. In der Lourdeskapelle verrichteten wir eine kurze Andacht u. eilten wieder lustig heim, einen großen Strauß von Feldblumen in der Hand.

7. Juni [1902], Samstag. Die l. Tante Anna gieng nachmittags nach Hall zur hl. Beicht; ich blieb dahier. Wetter regnerisch seit 5. l. M.

8. Juni 1902, Herz-Jesu-Sonntag.

In der Frühe gieng ich zu den hl. Sakramenten, dann zu den lb. Großtanten frühstücken. Es goss jetzt ganz gewitterartig, u. als ich nach dem Gottesdienst in den Volderwald eilte, war ein schreckliches Wetter: strömender Regen u. heftiger, eiskalter Wind. Ich war ernstlich froh, endlich unter Dach zu kommen. Wir heizten im Speiszimmer ein. Nachmittags heiterte es sich auf; es erschienen Herr Muigg, Schmarl und Franz, welche alle ziemlich lang blieben. Muigg gieng erst nach dem Abendessen nachhause. In Blumenstein photografierte ich alle drei. Der Inn geht trotz des starken Regens klein; er ist seit voriger Woche gesunken.

9. Juni [1902], Montag. Heute überraschte mich Martha mit ihrem ersten heurigen Besuche; ich blieb deshalb vormittags bei ihr zuhause, zeigte ihr meine Photografien, Handarbeiten etc. Nachmittags befreiten wir die Rosenstöcke von den Blattläusen u. spritzten sie mit Tabakabguss. Alsdann giengen wir ins Feld, die herabgefallenen Steine zusammenzulesen, was ganz interessant war. Martha aß noch hier zu abend, alsdann begleiteten wir sie u. trafen oberhalb mit Sonnenkapelle Madeleine, Babi u. Anna, worauf wir noch bis zum „König“ mitgiengen.

10. Juni [1902], Dienstag. Nichts Besonderes.

Text: Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Cod-2072-1 (Transkription: Katharina Schilling)

Bilder: Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Bi-K-1-1897 (Herz-Jesu Motiv auf einer Neujahrsentschuldigungskarte für Mühlau 1897).

Hier geht es: Zum nächsten Eintrag (falls schon vorhanden), zum vorhergehenden Eintrag und zurück an den Beginn des Tagebuchs.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare
  1. Sonntag, 2. Jänner, 9 Uhr früh

    bin ich auf die Suche nach dem Brückenwaldele samt Lourdeskapelle gegangen. Während man die Lourdeskapelle leicht als oberhalb des Volderer Klosters festgoogeln kann, half erst eine Notiz zu einem Ausflug der Absamer Schützen nach Volders in den Innsbrucker Nachrichten vom 12. Juli 1911 Seite 7 zur Lokalisierung. Es handelt sich um das Waldele rund um den Tummelplatz und der Kapelle. Die namensgebende Brücke ist somit nicht wie angenommen die Haller, sondern die Volderer Innbrücke.
    Ohne Herrn Auer ins Metier pfuschen zu wollen: https://diglib.uibk.ac.at/download/pdf/4297110?name=12.7.1911

  2. Immer wieder schön, mit dem Tagebuch von Marie einen kleinen Ausflug in das Jahr 1902 zu machen. Vielen Dank, lieber Herr Bürgschwentner!

    Interessant wäre natürlich auch ob diese Villa Andlklaus heute noch existiert, bisher habe ich dazu aber nichts finden können. Ein Desiderat wäre auch ein Foto von der Tagebuchschreiberin Marie, wozu die Recherchen bisher jedoch ergebnislos verlaufen sind…..

    Vielleicht lesen die Verwandten und Nachfahr*innen von Marie Grass-Cornet ja eines Tages diesen Blog und senden ein Foto.

    Das Grab ist in den Arkaden des Westfriedhofs entlang der Fritz-Pregl-Straße zu finden.

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