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Die Geschichte der Moderne und der Globalisierung ist auch eine Geschichte von Standardisierungen und Vereinheitlichungen – auch wenn es bis noch unzählige Dinge gibt, die nicht globalen oder zumindest regionalen Normen folgen. Das ist je nach Perspektive oder Situation schön – oft aber auch sehr ärgerlich.
Eine erste große Welle solcher internationaler Standardisierungen brandete im ausgehenden 19. Jahrhundert auf. Beispielhaft sei hier die Vereinheitlichung der Zeit mit der Festsetzung einer Weltzeit genannt, die für Telekommunikation und internationale Reisen und Handel von enormer Wichtigkeit war. Aber viele andere Aspekte des Lebens wurden von diesem Wunsch nach Standardisierung erfasst. Die Treiber hinter solchen Maßnahmen waren oft Firmen und Institutionen, oft waren es aber auch Privatpersonen. Ein solcher war beispielsweise der Chemiker Wilhelm Ostwald, der um 1900 an zahlreichen Weltprojekten beteiligt war, die das Leben und Arbeiten effizienter machen sollten.
In seiner Begeisterung für Effizienz richtete er seinen Blick unter anderem auf die unterschiedlichen Papierformate, die es zu seiner Zeit gab und die etwa zur Folge hatten, dass Platz in Bibliotheken oft nur schlecht ausgenutzt werden konnte. Daher entwickelte er daher das sogenannte Weltformat, bei dem u.a. das Seitenverhältnis aller Papiergrößen identisch sein sollte. Allerdings konnte sich Ostwald mit seinem Weltformat nicht durchsetzen. Das gelang wenig später erst seinem Assistenten Walter Porstmann, der als Mitarbeiter des Normausschusses der Deutschen Industrie bessere Voraussetzungen hatte und mit der DIN 476 ein neues Papierformat entwickelte, das bis heute für einen Großteil der weltweit verbreiteten Papiere gilt, nunmehr in Form der internationalen DIN EN ISO 216.
In Deutschland wurde das Format 1922 eingeführt. In Österreich dauerte es ein wenig, bis man dieses übernahm – ob hierfür politische Gründe eine Rolle spielten, konnte ich nicht eruieren, es wäre aber gut möglich. Die Tiroler Landesregierung empfahl erst im Jahr 1932 allgemein die Verwendung des Papiers im Format 210 x 297 mm (also DIN A4) für die Verwaltung. Die Abteilung IV (Wirtschaftsamt) des Innsbrucker Magistrats forderte in der Folge daher alle anderen Abteilungen auf, bei der Anschaffung von Papier künftig das neue Format zu berücksichtigen. Die übrigen Magistratsabteilungen zeigten sich damit einverstanden oder hatten dies teilweise sogar schon verwendet.

Das bisherige eher schmale Oktavformat (Seitenverhältnis 2:3), das allen, die schon einmal im Archiv geforscht haben, sicherlich vertraut ist, verschwand damit langsam aus der Verwaltung.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Coml 7374/1933)
Man hätte eigentlich erwartet, dass die Magistrats -Abteilung 4 für das Schreiben betreffend Einführung Normalpapierformat auch dieses verwendet, anstatt es als Muster beizugeben.