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Ein Beamter Wird Komponist

Ein Beamter wird Komponist

Heute nahezu in Vergessenheit geraten, konnte der am 29. März 1830 in Hötting geborene Ernst Freiherr Tschiderer von Gleifheim im 19. und frühen 20. Jahrhundert durchaus beachtliche Erfolge feiern. Aus einer vermögenden Familie stammend, hatte er nach dem Abschluss des Gymnasiums und einigen Semestern Jus die Beamtenlaufbahn eingeschlagen. Im Jahr 1853/54 trat er als Praktikant bei der Statthalterei in Innsbruck ein. Seine große Leidenschaft galt jedoch der Musik und nach kurzer Zeit hatte er genug von den Akten und kündigte. Fortan widmete er sich ausschließlich dem Komponieren und Dirigieren, jedoch nicht ohne sich vorher einer eingehenden musikalischen Ausbildung zu unterziehen. Unser Titelfoto zeigt ihn – bereits im fortgeschrittenen Alter – am Klavier sitzend.

Baron Ernst Tschiderer um 1860.

Insgesamt schuf er neben einigen Orchesterwerken (darunter Ouvertüren und Symphonische Dichtungen) und Klavier- und Kammermusikstücken nicht weniger als vier Opern und über 200 Lieder. Seine Werke gelangten nicht nur in Innsbruck, sondern auch in anderen europäischen Städten, darunter Salzburg, Wien und Prag, zur Aufführung. Das Salzburger Volksblatt berichtete über die Uraufführung seiner komischen Opfer „Die Lady von Gretna-Green“ am 23. Dezember 1880:

„Baron Tschiderer tritt uns als Komponist nicht im Mindesten prätentiös entgegen; es liegt ihm ferne, sein Kompositionstalent durch hohen Gedankenflug zum Ausdrudck zu bringen, er ist vielmehr sichtlich bestrebt, einfach zu bleiben. Diese schlichte Einfachheit gewinnt aber gewinnt ihm sofort Freude, weil er sie in denkbar gefälligste Form kleidet und einen kleinen Schatz von Melodienmitbringt, die durch Frische wahrhaft erquickend wirken. […] Fassen wir unser Urtheil über die Novität kurz zusammen, so können wir ‚Die Lady von Gretna-Green‘ als ein höchst verdienstvolles Opus bezeichnen, das viele Schönheiten in sich birgt und unter den neueren Opern dieses Genres gewiß nicht den letzten Platz einnimmt.“

Bertha und Ernst Tschiderer um 1880.

Ernst Freiherr von Tschiderer war seit 1854 mit Bertha Freiin von Zephyris zu Greith (1832–1902) verheiratet. Das Paar hatte drei Kinder – zwei Töchter und einen Sohn – und lebte überwiegend im sogenannten Schneeburgschlössl (Schneeburggasse 15). Als er am 23. Jänner 1916 verstarb, erschien in den Innsbrucker Nachrichten ein ausführlicher Nachruf. Dort heißt es u.a.:

„Dem musikalischen Innsbruck war er bekannt als feinsinniger Schöpfer von Liedvertonungen, die sich Sinn und Worten anschmiegten, wie die Gewänder dem Körper bei antiken Standbildern. Auch größere Orchesterstücke von ihm erfreuten die Hörerschaft, an der, wie bei allen Konzerten, die hohe Erscheinung des Edelmannes mit dem Silberhaar und dem weißsschimmernden Bart auftauchte, freundlich umherblickend, mit Dankbarkeit der Wiedergabe seiner Schöpfungen lauschend.“

Erst in den letzten Jahren gelangten einige von Tschiderers Orchesterwerken wieder zur Aufführung.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-A-24589 / Ph-A-24590)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Da sage noch einer was gegen die Beamten ! Gottseidank hat sich das Denken gewandelt und jeder weiß heute, daß der Beamte wertvolle, fruchtbringende und zum Teil harte und schweißtreibende Arbeit liefert.

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