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Zu Richard Heuberger D.J.

Zu Richard Heuberger d.J.

Ich war in unserer Datenbank auf der Suche nach dem für die Innsbrucker Universität bedeutenden Historiker Richard Heuberger d. J. Heuberger wurde 1884 in Wien als Sohn des gleichnamigen Komponisten geboren. Nach Studium und Promotion in Geschichtswissenschaften wurde er zu einem Lehrauftrag nach Innsbruck berufen, wo der Mittelpunkt seiner Lehrtätigkeit zukünftig sein sollte. Heuberger ist bedeutend insbesondere für die Erforschung des Alpenraums in Spätantike und Frühem Mittelalter. Sein Band zu Rätien im Altertum und Frühmittelalter. Forschungen und Darstellungen aus dem Jahr 1932 ist Standardwerk für jeden, der sich mit dem östlichen Alpenraum zwischen Antike und Mittelalter befasst. Als junger Mann und Mitglied des Historikerklubs Innsbruck ist er hier zu sehen.

Bei dem Titelbild diese Beitrags handelt es sich um das einzige wirkliche Bild einer infrage kommenden Person unter dem Suchbegriff „Heuberger“. Es stammt aus der Sammlung Gottfried Newesely und wurde 1929 aufgenommen. Es gehört zu einer ganzen Reihe von Bildern, die meisten davon Gruppenfotos, die irgendwo in alpinem Gelände aufgenommen wurden. Vermerkt ist als Titel „Prof. Heuberger“. Das Bild zeigt einen Mann, vielleicht in seinen 40ern, es könnte vom Alter her also passen. Im Innsbrucker Adressbuch des Jahres 1929 sehe ich mit Berufsbezeichnung „Prof.“ eigentlich nur den Richard hinterlegt.

Aber gleich darauf kam in mir folgende Frage auf: Aufgrund einer Netzhautablösung (Kriegsverletzung?) erblindete der gesuchte Richard Heuberger nach und nach, ab ca. 1920 vollständig. (Das macht übrigens seine historische Arbeit umso beeindruckender, denn alle seine später entstandenen Werke wurden per Diktat an eine zweite Person angefertigt. Wer die unglaublich scharfsinnigen und präzisen Texte Heubergers mal gelesen hat oder selbst wissenschaftliche Texte verfasst hat und weiß, wie oft man etwas ändern oder zwischeneinfügen muss, der kann hier wirklich staunen!). Kurze Zweifel kamen mir daher bei der Identifikation als Richard Heuberger auf. War es mit seiner Erkrankung möglich, sich, wie im Bild zu sehen, im alpinen Gelände zu bewegen? Offensichtlich schon. Ein Blick hierher machte mir nämlich klar, dass es der richtige Prof. Heuberger sein muss.

Heuberger wurde bereits zu Lebzeiten kritisiert, da er seine großdeutsche Einstellung immer wieder auch in den Historischen Diskurs einbrachte. Unklar und umstritten ist nach wie vor seine NSDAP-Mitgliedschaft zwischen 1934 und 1938. Das Festhalten an dem großdeutschen Interesse auch nach dem Krieg dürfte zu seiner vorzeitigen Pensionierung geführt haben. Im heutigen wissenschaftlichen Umfeld werden Heubergers Texte kritisch gelesen – die Wortwahl mit „völkisch“, „Volkstum“ und „Gesittung“ der Räter ist natürlich mit Vorsicht zu behandeln. Nichts desto trotz ist sein Rätien-Buch von 1932 immer noch das Standardwerk.

… (und fester Begleiter meines Dissertantinnen-Alltags, die ich mich in meiner Doktorarbeit mit Rätien befasse. Fakt: Ich sehe hier das erste Mal ein Bild, auf dem Heuberger lächelt und freue mich darüber – dann kann es ja gar nicht so furchtbar sein, ein Buch über Rätien zu schreiben :-))

(Stadtarchiv Innsbruck, Sammlung Gottfried Newesely, 2061)

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